Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon gibt das Bestreben eines neuen Referendums bekannt.

Unabhängigkeitsbestrebungen Schottland schiebt neues Referendum an

Stand: 13.12.2019 15:59 Uhr

Die Tories können nun mit ihren Brexit-Plänen durchmarschieren - und Schottland zieht Konsequenzen: Schon kommende Woche will Regierungschefin Sturgeon ein neues Unabhängigkeitsreferendum anschieben.

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon will nach dem starken Abschneiden ihrer Partei SNP bei der Wahl bereits nächste Woche den rechtlichen Prozess für ein neues Unabhängigkeitsreferendum anschieben.

Anders als in weiten Teilen Großbritanniens hatten die Konservativen auf Brexit-Kurs in Schottland eher schwach abgeschnitten. Die EU-orientierte Schottische Nationalpartei errang deutliche Zuwächse: Den bisherigen Ergebnissen zufolge erhält sie 48 der 59 schottischen Parlamentssitze - und damit 13 Mandate mehr als noch 2017.

Johnson "nicht um Erlaubnis fragen"

Die Schotten hätten das Recht, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, sagte Sturgeon: "Es ist die Sache des schottischen Parlaments, nicht einer Regierung in Westminster, zu sagen, ob und wann es ein neues Referendum geben sollte."

Sturgeon betonte in ihrer Rede, es gehe nicht darum, Johnson "um Erlaubnis zu fragen", sondern darum, dass das schottische Volk seine eigene Zukunft bestimmen können sollte: "Als ein unabhängiges Schottland werden wir immer die Regierungen bekommen, die wir wählen."

Es ist der SNP seit langem ein Dorn im Auge, dass die Partei in Schottland zwar regelmäßig die Mehrheit der Mandate gewinnt, sich dies aber auf die Politik in London kaum auswirkt.

Der SNP-Kampagnenbus fährt in der letzten Wahlkampfwoche durch die schottischen Highlands (Archivbild).

Der SNP-Kampagnenbus fährt in der letzten Wahlkampfwoche durch die schottischen Highlands (Archivbild). Die Partei hatte sich stets für den EU-Verbleib ausgesprochen.

Zuwachs auch für nordirische Nationalisten

Um ein rechtlich bindendes Referendum abhalten zu können, muss Sturgeon Artikel 30 des Schottland-Acts ziehen - das würde bedeuten, dass das britische Parlament in Westminster nach Zustimmung beider Kammern eine entsprechende Befugnis auf das Regionalparlament in Edinburgh überträgt. Premierminister Johnson hatte seine ablehnende Haltung zu solchen Plänen bereits zum Ausdruck gebracht.

Auch in Nordirland konnten die sogenannten Nationalisten bei der landesweiten Wahl Erfolge verbuchen: Erstmals seit der Abspaltung von Irland 1921 erhielten sie mehr Stimmen als die pro-britischen Unionisten.

Die führende Nationalistenpartei Sinn Fein verteidigte ihre sieben Sitze, die pro-irische SDLP gewann zwei Mandate. Zusammen liegen sie damit vor der DUP, die zwei Sitze verlor und nun auf acht Mandate kommt.

Beobachter fürchten Zerfall Großbritanniens

Schon werden Stimmen laut, die ein Auseinanderbrechen Großbritanniens befürchten: "Selbst bei all ihrem Jubel könnten die Konservativen fürchten, dass sie zwar den Brexit gesichert, aber das Vereinigte Königreich verloren haben", schrieb die "Financial Times".

SPD-Politikerin Katarina Barley, die neben der deutschen die britische Staatsbürgerschaft hat, äußerte sich besorgt über die Abspaltungstendenzen. "Mir macht große Sorgen, dass ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreiches bevorstehen könnte", sagte die Vizepräsidentin des Europaparlaments im Inforadio des rbb. "Schottland ist ja schon länger auf dieser Route, aber auch in Nordirland oder Wales werden die Bestrebungen stärker."

Noch 2014 hatten beim Unabhängigkeitsreferendum in Schottland 55 Prozent gegen die Abspaltung gestimmt. Bei der Brexit-Abstimmung 2016 sprach sich jedoch mit 62 Prozent eine noch deutlichere Mehrheit für einen Verbleib in der EU aus.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 13. Dezember 2019 um 16:15 Uhr.