
Machtkampf in Venezuela Chaos statt Hilfslieferungen
Stand: 13.08.2019 18:24 Uhr
Die Hilfsaktion für Venezuela ist vorerst gescheitert - und mit ihr auch die Hoffnung der Opposition, das Militär zum Umdenken zu bewegen. Die Transporte wurden zurückbeordert. Zuvor hatte es Tote und Verletzte gegeben.
Die Hoffnung der venezolanischen Opposition, das Militär zum Passieren der Hilfslieferungen aus Kolumbien zu bewegen, hat sich nicht erfüllt. Wie die kolumbianische Regierung mitteilte, ordnete sie die Rückkehr der Lastwagen mit Hilfsgütern für das Nachbarland an.
Der "friedliche und humanitäre" Einsatz sei von der Regierung des venezolanischen Staatschefs Nicolás Maduro an der Grenze gewaltsam unterbrochen worden, begründete der kolumbianische Außenminister, Carlos Holmes Trujillo, die Entscheidung. Zum Schutz der Hilfsgüter seien die Lastwagen abgezogen worden.
Maduro bricht diplomatische Beziehungen zu Kolumbien ab
Maduro hatte die Grenzübergänge zu Kolumbien schließen lassen. Ungeachtet dessen fuhren mehrere Lkw mit Hilfsgütern aus der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta zur Grenze, wo sie jedoch von der Nationalgarde gestoppt wurden. Einige Fahrzeuge wurden in Brand gesteckt.
Der Konflikt um Hilfslieferungen nach Venezuela eskaliert
tagesschau 08:55 Uhr , 24.02.2019, Xenia Böttcher, ARD Mexiko-Stadt zzt. Cucuta
An den Grenzübergängen setzte die Nationalgarde Tränengas und Gummigeschosse gegen Menschen ein, die die Öffnung der Grenze und den Einlass der humanitären Hilfe forderten. Bei den Zusammenstößen seien auf kolumbianischem Gebiet 285 Menschen verletzt worden, so Trujillo. 37 hätten in Krankenhäuser gebracht werden müssen. Mehr als 60 Militärs, unter ihnen mehrere Offiziere, seien im Lauf des Tages von Venezuela nach Kolumbien desertiert.
Als Reaktion auf die Unterstützung Kolumbiens bei den Hilfslieferungen brach Maduro alle diplomatischen Beziehungen zu dem Land ab. Bei einer Kundgebung in der Hauptstadt Caracas sagte er, die "faschistische Regierung von Kolumbien" müsse all ihre diplomatischen Vertreter binnen 24 Stunden aus Venezuela abziehen.
Tote an der Grenze zu Brasilien
Auch im Grenzgebiet zwischen Venezuela und Brasilien kam es zu schweren Auseinandersetzungen. In Santa Elena de Uairen kamen nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Foro Penal vier Menschen bei Protesten ums Leben. Dort hätten "Colectivos", die bewaffneten Schlägertrupps der sozialistischen Regierung, auf Zivilisten geschossen.
Tausende Freiwillige
Der selbsternannte venezolanische Übergangspräsident Juan Guaidó hatte für den Samstag Hilfslieferungen angekündigt. Die Lebensmittel und Medikamente sollten von Tausenden Freiwilligen aus Kolumbien nach Venezuela gebracht und dort an bedürftige Menschen verteilt werden. In dem südamerikanischen Land herrscht trotz seines Ölreichtums eine Wirtschaftskrise mit akuten Versorgungsengpässen.
Maduro hatte daraufhin die Grenzen geschlossen, um die Einfuhr der Hilfsgüter zu blockieren. Die Regierung mutmaßt, Guaidó wolle mit den Hilfslieferungen eine ausländische militärische Intervention und den Sturz Maduros einleiten.
Guaidó: "alle Optionen offenhalten"
Nach dem Scheitern der Hilfsaktion wandte sich Guaidó per Twitter an die Weltgemeinschaft. Er rief sie dazu auf, in seinem Machtkampf mit Maduro "alle Optionen offenzuhalten". Wörtlich schrieb er: "Die heutigen Ereignisse haben mich dazu gezwungen, eine Entscheidung zu treffen: auf formale Weise der internationalen Gemeinschaft vorzuschlagen, dass wir uns alle Optionen offen halten, um dieses Land zu befreien, das sich abmüht und sich weiterhin abmühen wird."
Guaidó will am Montag mit US-Vizepräsident Mike Pence und den lateinamerikanischen Außenministern der sogenannten Lima-Gruppe in Bogota zusammenkommen, um nächste Schritte zu besprechen.
Pompeo kündigt "Maßnahmen" an
Auch Pompeo meldete sich per Twitter zu Wort. Er kündigte "Maßnahmen" Washingtons zur Unterstützung der Demokratie in Venezuela an. Nun sei die "Zeit zum Handeln" gekommen, um dem "verzweifelten venezolanischen Volk" zu helfen, schrieb er. Zugleich verurteilte er das gewaltsame Vorgehen der venezolanischen Sicherheitskräfte. "Was für ein kranker Tyrann stoppt Nahrung für hungrige Menschen?"
Schiff nach Puerto Rico zurückgekehrt
Auch ein Schiff mit Hilfsgütern wurde von der venezolanischen Kriegsmarine unter Drohungen gestoppt und abgewiesen. Der Frachter "Midnight Dream" solle nach Puerto Rico zurückkehren, nachdem venezolanischen Kriegsschiffe gedroht hatten, das Feuer auf das Schiff zu eröffnen, ordnete der puertoricanische Gouverneur Ricardo Roselló an.
Das Schiff war von Puerto Rico mit 250 Tonnen Hilfsgütern ausgelaufen. Die Drohung, das Schiff zu beschießen, stelle einen "unannehmbaren und empörenden" Angriff auf einen humanitäre Einsatz von US-Bürgern dar, sagte Roselló nach Angaben der Zeitung "El Nuevo Día".
Mit Informationen von Anne-Katrin Mellmann, ARD-Studio Mexiko-Stadt
Venezuela-Krise: Chaos, Gewalt und Tote
Anne-Katrin Mellmann, ARD Mexiko-Stadt
23.02.2019 21:53 Uhr
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