Kommentar
US-Nahostpolitik Trump verschärft, statt zu vermitteln
Stand: 19.11.2019 17:02 Uhr
Die einseitige Nahostpolitik des US-Präsidenten erschwert eine Lösung des Konflikts auf dem Verhandlungsweg. Die Vermittlerrolle der USA müssen jetzt andere übernehmen. Dabei ist auch die EU gefordert.
Ein Kommentar von Tim Aßmann, ARD-Studio Tel Aviv
Wenigstens in einem Punkt kann man Mike Pompeo zustimmen: Eine Lösung des Nahostkonfliktes könne nur in direkten Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern erreicht werden, sagte der US-Außenminister. Da hat er Recht.
Allerdings hat das auch niemand bestritten, und diese Erkenntnis ist auch nicht neu. Unter anderem sahen das in den vergangenen Jahrzehnten auch andere US-Regierungen so. Was sie aber wussten und anerkannten - und was Pompeo nun ausblendet: Wichtig für Verhandlungen ist, dass es etwas gibt, über das verhandelt werden kann.
Um Befriedung ging es dieser US-Regierung nie
Zwischen Israelis und Palästinensern ist diese Verhandlungsmasse Land und Boden, die besetzten Gebiete, Ostjerusalem und das Westjordanland. Das Ziel solcher Verhandlungen ist aus palästinensischer Sicht ein eigener Staat, und der braucht Platz.
Die Siedlungen und ihr Ausbau nehmen einer Verhandlungslösung im wahrsten Sinne der Wortbedeutung den Raum. Ihr Wachstum zu erleichtern, indem man sie für legal erklärt, wie es die Trump-Regierung im Ergebnis nun tut, macht eine Lösung auf dem Verhandlungsweg schwerer. Dauerhaft befriedet wird die Region so nicht, aber darum ging es dieser US-Regierung auch nie.
Wie kein Präsident vor ihm hat sich Donald Trump auf die Seite Israels geschlagen und sich aus der Vermittlerrolle, die die USA lange beanspruchten, proaktiv verabschiedet. Teil dieser Rolle war für andere US-Präsidenten, Israels Siedlungsausbau zu bremsen.
Kehrtwende in der US-Nahostpolitik
tagesthemen 22:15 Uhr, 19.11.2019, Susanne Glass, ARD Tel Aviv
EU muss Haltung zeigen
Trump dagegen hält sich raus. Einer Lösung näher gebracht hat er den Konflikt nicht. Der Status von Jerusalem und den Golanhöhen ist weiter umstritten, obwohl Trump Israels Ansprüche auf die Gebiete anerkannte. Die Siedlungen wird eine Mehrheit der Staatengemeinschaft weiter als völkerrechtswidrig betrachten - unabhängig davon, wie Washington das sieht.
Auch die EU bleibt dabei, dass die Siedlungen illegal sind. Die Mitgliedsstaaten der Union sind gefordert, dieser Haltung Nachdruck zu verleihen, zum Beispiel, indem sie die Kennzeichnungspflicht für Produkte aus den Siedlungen umsetzen, die der Europäische Gerichtshof vor Kurzem bestätigt hat.
In Israel wird die neue Haltung der US-Regierung zum rechtlichen Status der Siedlungen als Rückenwind empfunden. Schon jetzt drehen sich im Westjordanland und in Ostjerusalem vielerorts die Baukräne und schaffen Fakten. Palästinensischen Städten und Dörfern wird so häufig die Möglichkeit zur Entfaltung genommen.
Der Siedlungsausbau verschärft den Konflikt, an dessen Lösung die Trump-Regierung angeblich so interessiert ist, wie ihr Außenminister nun einmal mehr beteuerte. Welche Heuchelei.
Verschärfen statt Vermitteln - Trumps Nahostpolitik - Kommentar
Tim Aßmann, ARD Tel Aviv
19.11.2019 16:47 Uhr
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