Viktor Orban

Orbans Notverordnungen Mit Sondersteuern gegen leere Kassen

Stand: 27.05.2022 15:19 Uhr

Ungarn benötigt dringend Geld - das sollen vor allem ausländische Großfirmen über neue Sondersteuern einbringen. Auch mit Tanktourismus soll Schluss sein. Neuer Streit mit der EU droht.

Ungarns rechtspopulistischer Ministerpräsident Viktor Orban regiert weiter wie bisher: mit Notstandsverordnungen und einer eher linken Umverteilungspolitik. Bei vor allem internationalen Großkonzernen Gewinne abschöpfen mit einer Sondersteuer - das war das erste, was Orban ankündigte, nachdem die neue Zwei-Drittel-Mehrheit seiner Regierungspartei Fidesz im Eiltempo das ungarische Grundgesetz geändert hatte. Mit der neuen Rechtsgrundlage ist Orban auch künftig ein Durchregieren mit Direktverordnungen erlaubt.

Vor allem ausländische Firmen sollen zahlen

Ohne Zögern verkündete der Regierungschef, womit er schon kurz nach seiner Wiederwahl gedroht hatte: "Wir verpflichten die Banken, die Versicherungen, die großen Handelsketten, die Energiekonzerne, die Telekom-Unternehmen und die Fluggesellschaften, dass sie den größten Teil ihres Extra-Profits in zwei Fonds einzahlen - und zwar in den Jahren 2022 und 2023."

Zwei neue Fonds - einer, mit dem Energiekosten für ungarische Familien subventioniert werden sollen, einer, mit dem Ungarns Armee schnell nachgerüstet werden soll.

Es soll vor allem umsatzstarke Großunternehmen treffen, die durch Corona und wegen der Kriegsfolgen im Nachbarland Ukraine profitiert hätten, so die Begründung. Betroffen sein dürften vor allem Unternehmen aus dem EU-Raum wie: Lidl, Spar, enny, Aldi, auch die Allianz, die Deutsche Telekom.

András Schiffer, grün-liberaler Ex-Abgeordneter, fragt sich, ob Orban ungarische Unternehmen bewusst verschont: "Ich verstehe nicht ganz, warum die Regierung keine Sondersteuer von denen kassiert, die in den letzten Jahren hervorragend Profit mit staatlichen Aufträgen gemacht haben. Also das wäre gerecht."

 

Kein Tanktourismus mehr

Es soll auch Tanktouristen treffen, vor allem aus Österreich: Per staatlicher Verordnung billiges Benzin für umgerechnet 1,24 Euro den Liter dürfen nur noch Autos mit ungarischen Kennzeichen tanken. Das könnte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der EU verstoßen.

Neuer Konfliktstoff also für die sowieso schon schwierigen Gespräche der EU-Kommission mit der ungarischen Regierung. Nächste Woche geht es bei einem EU-Sondergipfel um das Öl-Embargo gegen Russland, bei dem Orban mit Veto droht.

Orban braucht Geld

Orbans Problem sind leere Staatskassen, geleert durch Wahlgeschenke - und nicht aufgefüllt, weil die EU-Kommission Gelder zurückhält, mit dem Hinweis auf das gerade laufende Rechtsstaatsverfahren.

Die neuen Sondersteuern sollen zwei Milliarden Euro bringen. Für ein "Ja" zum Öl-Embargo fordert Orban deutlich mehr von der EU. Und auch beim Ankündigen der Sondersteuern machte Orban klar, gegen wen er damit Front macht:

"Der Krieg zieht sich hin und Brüssels Sanktionspolitik wird auch nicht besser. Alles zusammen führt zu drastischen Preissteigerungen. Deswegen wird es immer schwieriger, die ungarischen Familien zu verteidigen. Außerdem müssen wir das Militär schnell stärker machen." Orban klingt weiter wie im Wahlkampf - auch das: wie bisher.

 

Wolfgang Vichtl, Wolfgang Vichtl, ARD Südosteuropa, 27.05.2022 14:16 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Mai 2022 um 13:35 Uhr.