
UN-Studie zu Naturzerstörung Schulze will "Krise hinter der Krise" stoppen
Naturzerstörung erhöht das Risiko für den Ausbruch weiterer Pandemien - dies ist das Ergebnis neuer UN-Studien. Umweltministerin Schulze forderte, den Handel mit Wildtieren zu stoppen und sich für Natur- und Artenschutz einzusetzen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze dringt auf mehr Natur- und Artenschutz - auch um das Risiko neuer Pandemien zu verringern. "Die Naturzerstörung ist die Krise hinter der Krise", sagte Schulze in Berlin mit Blick auf die Corona-Pandemie. Sie bezog sich auf am Donnerstag veröffentlichte Studien des UN-Biodiversitätsrats (IPBES), wonach Naturzerstörung zu mehr und noch gefährlicheren Pandemien führen dürfte.
Zwei Hauptursachen
Die aktuell in Deutschland von Bund und Ländern zum Schutz vor dem Coronavirus beschlossenen Einschränkungen seien notwendig, aber "das tut natürlich weh", sagte Schulze. Umso größer sei der Wunsch, "dass so etwas nicht nochmal passiert". Daher müsse alles dafür getan werden, um dies zu vermeiden: "Wir sind nicht machtlos".
Die Ursachen für das Entstehen von Pandemien seien "dieselben, die auch zum Verlust biologischer Vielfalt und zum Klimawandel führen", warnte Schulze. Zwei wesentliche Probleme seien dabei die weltweite Intensivierung der Landwirtschaft sowie der Handel mit Wildtieren.
Konkret forderte die Ministerin, den unkontrollierten Wildtierhandel zu bekämpfen und Naturzerstörung zu stoppen. Dafür solle auch die Beimischung von Palmöl, für dessen Gewinnung häufig Regenwald abgeholzt wird, zu Biosprit eingestellt werden. Wegen mangelnden Schutzes des Regenwaldes kritisierte Schulze besonders Brasilien und wandte sich deswegen gegen eine Unterzeichnung des geplanten Mercosur-Freihandelsabkommens.

Larvenroller werden auf einem Fleischmarkt für Wildtiere in Guangzhou (China) angeboten.
850.000 Viren können auf Menschen überspringen
Bei einer Fortsetzung der gegenwärtigen Lebensweise müssen sich die Menschen nach Einschätzung des UN-Biodiversitätsrats darauf einstellen, dass Pandemien in Zukunft häufiger auftreten und höhere Totenzahlen verursachen. Es gebe bei Tieren bis zu 850.000 Viren, die wie Covid-19 auf Menschen überspringen könnten, hatte der IPBES-Experte Peter Daszak am Donnerstag bei der Vorstellung der neuen Studie der Organisation gewarnt.
Die Zerstörung von Naturräumen werde dazu führen, "dass wir in Zukunft häufiger mit unbekannten Krankheiten konfrontiert werden", sagte die Ko-Autorin des IPBES-Berichts Sandra Junglen in Berlin. So seien allein Änderungen der Landnutzung für rund 30 Prozent aller neuartigen Krankheiten verantwortlich. Ein weiterer Faktor sei der Klimawandel. Durch Änderungen von Lebensräumen kämen nun Tierarten in Kontakt, die vorher geografisch getrennt waren.

Beschlagnahmte Fledermäuse in China.
Noch rund 1,7 Millionen Viren unentdeckt
Junglen verwies auf Schätzungen, wonach es noch rund 1,7 Millionen unentdeckte Arten von Viren in Wildtieren gibt. Davon könnten ein Drittel bis die Hälfte auch für Menschen gefährlich werden, ebenso auch für Nutztiere. Junglen forderte ein "Umschalten auf eine präventive Handlungsweise", um den Artenverlust zu stoppen. Artensterben und Naturzerstörung haben laut den Experten allerdings ein nie dagewesenes Tempo erreicht.
Kritisch sehen die Forscher auch den Fleischkonsum. Für die Viehzucht würden große Naturflächen zerstört. Sie bringen daher unter anderem eine Fleischsteuer ins Gespräch. Schulze zeigte sich hier zurückhaltend. Wichtig sei, was man damit bewirke. Eine Abgabe allein reiche nicht.