
Whistleblower-Enthüllung Trump vergleicht Informanten mit "Spion"
Stand: 27.09.2019 05:41 Uhr
Das Schreiben des Whistleblowers zur Ukraine-Affäre setzt US-Präsident Trump weiter unter Druck. Der vergleicht den Informanten nun mit einem Spion. Beobachter sehen darin eine Anspielung auf die Todesstrafe.
Von Sebastian Hesse, ARD-Studio Washington
Noch ein Dokument, an dem sich die Geister in Amerika scheiden: Nach der Verschriftlichung des viel diskutierten Telefonats zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj liegt der Öffentlichkeit nun das neunseitige Schreiben vor, mit dem der unbekannte Whistleblower die Ukraine-Affäre ins Rollen gebracht hatte. Darin beschreibt der Insider, wie der amerikanische Präsident die Macht seines Amtes dazu missbraucht, sich einen persönlichen Wahlkampfvorteil zu verschaffen.
So jedenfalls wertet der Verfasser in seiner schriftlichen Beschwerde das, was er im Weißen Haus aufgeschnappt hat. Was er schreibt, deckt sich mit dem Inhalt des Trump-Telefonats. Eine klare Sache für den Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff. Er ist der Mann, der für die Demokraten maßgeblich das Amtsenthebungsverfahren vorbereitet. "So spricht ein Mafia-Boss", sagt Schiff und ahmt dann Trumps Worte in dem Telefonat nach: "Was habt Ihr für uns getan, nachdem wir so viel für Euch getan haben?"
Whistleblower in Ukraine-Affäre wirft Weißem Haus Vertuschung vor
tagesschau 20:00 Uhr, 26.09.2019, Stefan Niemann, ARD Washington
Weißes Haus versucht Vorwürfe zu relativieren
"Ich bitte Euch um eine Gefälligkeit", habe Trump dann verlangt. Und dieser Gefallen sei natürlich, die Bidens unter die Lupe zu nehmen. Sprich: An Wahlkampfmunition gegen seinen möglichen Herausforderer Joe Biden zu gelangen.
Das andere politische Lager, das fest zu Trump steht, liest die Dokumente indes ganz anders. Das Weiße Haus schickte gestern Abend Kellyanne Conway vor die Kameras, eine der sprachmächtigsten Trump-Beraterinnen: "Die Wahl im kommenden Jahr wurde mit keinem Wort erwähnt", sagte Conway, "ebenso wenig Finanzhilfe für die Ukraine oder Joe Biden als politischer Rivale!"
Trump bringt Hochverrat ins Spiel
Ihr Boss, der unter Dauerfeuer stehende Präsident, äußerte sich noch einmal ganz ähnlich wie am Tag zuvor: "Mein Gespräch mit dem Präsidenten war perfekt!" Selenskyj selber habe gesagt, es sei keinerlei Druck auf ihn ausgeübt worden. Die "Los Angeles Times" berichtet unterdessen, dass Trump in unbeobachteten Momenten ganz andere Töne anschlägt. Die Zeitung veröffentlichte den Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Trump und US-Diplomaten, gestern Morgen bei den Vereinten Nationen.
Der Whistleblower sei eine Art Spion, sagte Trump laut einer Aufzeichnung bei einer privaten Veranstaltung New York. "Wissen Sie, was wir in alten Zeiten gemacht haben, als wir schlau waren? Richtig. Die Spione und Verrat, wir pflegten damit ein bisschen anders umzugehen als wir das jetzt tun", ergänzte er. Beobachter werteten diese Bemerkung als mögliche Anspielung auf die Todesstrafe. Die Demokraten im Kongress kritisierten und warnten den Präsidenten.
Die "New York Times" enthüllte, der Whistleblower sei ein CIA-Mitarbeiter, der nur vorübergehend ins Weiße Haus versetzt worden war, inzwischen aber wieder für den Geheimdienst tätig sei.
Biden und Sohn im Visier
Trump und die Republikaner haben jetzt ganz offen Biden und seinen Sohn ins Visier genommen. Sie verlangen Aufklärung über die Geschäftsbeziehungen, die beide in die Ukraine unterhalten haben und unterstellen Korruption, und so ist eine Art Wettlauf entstanden: Welches Lager ist schneller, seinen Skandal mit neuen Erkenntnissen zu unterfüttern?
Die amerikanische Öffentlichkeit ist ebenso gespalten, wie ihre politischen Repräsentanten es sind: 49 Prozent der Amerikaner befürworten einer aktuellen Umfrage zufolge ein Amtsenthebungsverfahren, 46 Prozent sprachen sich dagegen aus. 58 Prozent gaben an, es habe keinerlei Einfluss auf ihre Wahlentscheidung, ob es zu dem Verfahren kommt oder nicht.
Impeachment-Update: Neue Vorwürfe in der Ukraine-Affäre
Sebastian Hesse, ARD Washington
27.09.2019 06:25 Uhr
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