
Impeachment-Anhörungen Justizausschuss bewertet "überwältigende Beweise"
Stand: 04.12.2019 09:28 Uhr
Auf rund 300 Seiten legen die US-Demokraten die Gründe dar, warum Präsident Trump seines Amtes enthoben werden sollte. Doch die Republikaner stehen weiter nahezu geschlossen hinter ihrem Präsidenten.
Von Torsten Teichmann, ARD-Studio Washington
Die US-Demokraten fühlen sich nach den Anhörungen im Geheimdienstausschuss bestätigt. In ihrem rund 300 Seiten langen Bericht heißt es, US-Präsident Donald Trump habe sein Amt missbraucht, um von der Ukraine Unterstützung im kommenden Wahlkampf zu erhalten.
US-Demokraten sehen überwältigende Beweise
tagesschau 12:00 Uhr, 04.12.2019, Anna Mundt, MDR
Bestechung, Machtmissbrauch, Einschüchterung
"Das kann uns nicht egal sein", sagt der Demokrat Adam Schiff, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses. "Denn wenn es uns egal wäre, könnten wir sicher sein, dass der Präsident alles genauso wieder macht." Schiffs Bericht könnte im nächsten Schritt zur Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump werden.
Die Gründe: Bestechung, weil Trump die Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von 400 Millionen US-Dollar an Ermittlungen gegen politische Gegner geknüpft haben soll; Machtmissbrauch, weil Trump mit Hilfe seines Amtes persönliche Interessen verfolgt habe, sowie Missachtung und Behinderung des US-Kongress bei den Ermittlungen. Die Demokraten werfen Trump vor, er habe Zeugen an der Aussage gehindert und andere eingeschüchtert.
"Anschuldigungen und Fußnoten"
Die Republikaner verteidigen den Präsidenten unverändert. Der Abgeordnete Ben Cline aus Virginia wirft den Demokraten im Fernsehsender "Fox News" vor, ihnen fehle jede Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren. "Die 'Beweise' sind zur Hälfte Anschuldigungen, zur anderen Hälfte sind es Fußnoten zu Zeugenanhörungen, die auf Hörensagen beruhen."
Der Abgeordnete Steve Scalise sagt, Trump habe sich die gesamte Zeit über richtig verhalten. "Die einzigen beiden Teilnehmer des fraglichen Telefongesprächs waren Präsident Trump und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij. Und beide sagen, es war alles in Ordnung." Und schließlich sei am Ende doch auch die Militärhilfe an die Ukraine geflossen.
Weitere Republikaner unter Druck
Auf inhaltliche Fragen gehen die Republikaner nicht ein. Zum Beispiel, warum Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani als Privatperson auch Kontakt mit dem Budgetbüro des Weißen Hauses hatte - also genau der Stelle, die die 400 Millionen US-Dollar für die Ukraine zurückgehalten hatte.
Das geht aus Protokollen über Telefongespräche aus dem Anhang des Berichts hervor. Auch der Republikaner Devin Nunes taucht in den Aufzeichnungen auf. Nunes ist der höchste Vertreter der Republikaner im Geheimdienstausschuss und ist jetzt womöglich belastet.
Persönliche Attacken aus London
Trump behauptet derweil, er verfolge die Anhörungen nicht. Wie stark ihn die Aussicht auf ein Amtsenthebungsverfahren aber belastet, zeigen seine persönlichen Angriffe gegen Schiff: "Adam Schiff ist ein Verrückter", sagte Trump am Rande des NATO-Gipfels in London. "Er ist mit Komplexen aufgewachsen aus Gründen, die auf der Hand liegen. Er ist ein sehr kranker Mann und er lügt."
Selten hat sich ein US-Präsident im Ausland so über einen politischen Kontrahenten ausgelassen. Aber Trump war ja angetreten, um mit alten Gewohnheiten zu brechen.
Appelle bleiben ungehört
In der Ukraine-Affäre wird das Verhalten des Präsidenten allerdings nur Konsequenzen haben, wenn auch die republikanischen Abgeordneten und Senatoren von einem Amtsmissbrauch überzeugt sind.
"Wenn der Kongress einem Präsidenten erlaubt, so pauschal die Arbeit des Kongresses zu behindern, selbst wenn es um sein eigenes Fehlverhalten geht, dann riskieren wir, dass sich alles wiederholt", appelliert Schiff deshalb an seine Kongresskollegen.
Doch der Demokrat Schiff erreicht derzeit niemanden auf der anderen politischen Seite. Die Umfragen zeigen, dass sich nur gut elf Prozent der republikanischen Wähler für ein Amtsenthebungsverfahren einsetzen. Bei den Demokraten sind es laut Analysten fast 84 Prozent. An der Spaltung hat der gesamte Ermittlungsprozess nichts geändert.
Justizausschuss berät über verfassungsrechtlichen Rahmen
Der Bericht des Geheimdienstausschusses geht mit der Mehrheit der Demokraten im Gremium als nächstes an den Justizausschuss des Repräsentantenhauses. Dort werden zunächst im Verlauf des Tages vier Experten zum verfassungsrechtlichen Rahmen eines möglichen Amtsenthebungsverfahrens befragt. Später soll er die Vorwürfe gegen Trump bewerten und Anklagepunkte formulieren.
Das Weiße Haus hatte eine Teilnahme von Trump oder Anwälten abgelehnt. Es handele sich um eine akademische Debatte, hieß es in der Absage.
Bericht zur Ukraine-Affäre: Inhalt, Reaktionen und Folgen
Torsten Teichmann, ARD Washington
04.12.2019 08:04 Uhr
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