Robert Mueller
interview

Vorwurf Justizbehinderung So einfach wird Trump Mueller nicht los

Stand: 15.06.2017 13:32 Uhr

Sonderermittler Mueller wird zur ernsthaften Gefahr für Trump. Sollte er dem US-Präsidenten Justizbehinderung nachweisen, droht ein Amtsenthebungsverfahren. Mueller nun einfach zu feuern, könnte Trump teuer zu stehen kommen, meint der frühere ARD-Korrespondent in Washington Thomas Berbner im tagesschau24-Interview.

tagesschau24: Welcher konkrete Vorwurf wird denn da überhaupt erhoben?

Thomas Berbner: Der Sonderermittler Mueller muss herausfinden, ob es tatsächlich eine direkte Einflussnahme auch über Computer-Manipulationen durch Russland oder russische Dienste auf den US-Wahlkampf gab und wenn ja, welche Rolle das Umfeld von Trump, das Wahlkampfteam von Trump oder vielleicht auch Trump persönlich darin gespielt haben.

tagesschau24: Und warum jetzt die Ausweitung auf Trump persönlich? Was soll er da getan haben?

Berbner: Das ist natürlich jetzt erst mal nur ein Bericht der "Washington Post". Aber die "Post" hat fünf Quellen, fünf unabhängige Quellen - das ist eigentlich schon relativ solide recherchiert. Und wenn Trump tatsächlich die Justiz behindert haben sollte - zum Beispiel durch die Entlassung des FBI-Direktors Comey, dann wäre das ein erheblicher Vorwurf, den er ja auch nicht einfach so beiseite tun könnte. Das könnte zu erheblichen Konsequenzen für ihn führen, eventuell sogar zu einem Amtsenthebungsverfahren.

tagesschau24: Wenn die Informationen der "Washington Post" korrekt sind: Warum sagt denn Mueller nicht ganz offen, dass er gegen Trump persönlich ermittelt?

Berbner: Das kann er einfach nicht machen: Er kann jetzt nicht jede Woche gegenüber der Presse und auch der Öffentlichkeit sagen, was er ermittelt. Das würde ihm, im politischen Kampf, der ja jetzt schon um ihn herum und sein Amt tobt, negativ ausgelegt werden. Das ist auch in der Vergangenheit schon so gewesen: Der Bürochef des Sonderermittlers gegen Bill Clinton musste irgendwann mal gehen, weil ihm Plaudereien mit der Presse vorgeworfen wurden.

Man muss dazu wissen: Mueller war FBI-Direktor von 2001 bis 2013 - ein überaus integrer, ambitionierter Mann, Vietnam-Veteran. Er wurde seinerzeit direkt nach den Anschlägen des 11. September von George W. Bush ernannt - und im Senat einstimmig gewählt. So etwas gibt es eigentlich nahezu nie: Mit 98:0 Stimmen! Mueller wird sich jetzt nicht die Blöße geben, ständig Einzelheiten seines Verfahrens da auszuplaudern, weil das auf ihn zurückfallen könnte.

Trump wehrt sich gegen Vorwürfe
US-Präsident Donald Trump hat jüngste Berichte über neue Erkenntnisse in der Russland-Affäre zurückgewiesen. Er habe die Justiz nicht behindert, stellte er klar. "Sie haben eine faule Geschichte zu Absprachen mit den Russen erfunden, jetzt versuchen sie es mit Justizbehinderung bei ihrer faulen Geschichte. Hübsch", schrieb Trump auf Twitter.

tagesschau24: Mittlerweile gibt es ja eine erste Reaktion über Twitter. Wie reagiert Trump sonst auf den Bericht?

Berbner: Ein befreundeter Unternehmer hat nach einem Besuch im Weißen Haus gesagt, er glaube, dass Trump erwäge, Mueller zu feuern. Das wurde gleich wütend aus dem Weißen Haus dementiert, wie es ja dieser Tage so üblich ist. Aber man muss natürlich darüber nachdenken, ob Trump ernsthaft darüber nachdenkt: Mueller ist ja kein vom Kongress ernannter Sonderermittler, sondern vom stellvertretenden Justizminister ernannt. Also rein theoretisch hätte er wohl die Möglichkeit, ihn auch wieder loszuwerden.

Aber politisch wäre das ein erheblicher Vorgang. Es gibt jetzt schon warnende Stimmen aus dem US-Kongress - selbst von republikanischer Seite, dass er sich das doch besser gut überlegen sollte. Ich glaube der politische Preis, den er zahlen würde, wenn er Mueller jetzt feuert, wäre extrem hoch. Es gibt schon Drohungen aus dem Kongress, dass man Mueller dann zum unabhängigen Ermittler ernennen würde. Er würde quasi durch die Vordertür dann wieder hinein kommen.

tagesschau24: Noch einmal zur Bedeutung des Ganzen: Denn Trump hat ja immer wieder darauf hingewiesen, dass gegen ihn persönlich eben nicht ermittelt werde. Wenn sich das jetzt anders darstellt, dann steht die gesamte Affäre eigentlich in einem anderen Licht - oder?

Berbner: Ja, auf jeden Fall. Wenn es sozusagen zurückverfolgbar ist, dann ist das ein erheblicher Einschlag für Trump. Man muss sich erinnern: Damals die Watergate-Affäre mit Nixon - die Reporter der "Washington Post" haben lange recherchiert und es am Ende tatsächlich geschafft, die Watergate-Affäre direkt zu Richard Nixon zurückzuverfolgen. Und Nixon musste daraufhin sein Amt niederlegen, um einem Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen.

Das Interview führte Gerrit Derkowski, tagesschau24

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 15. Juni 2017 um 10:00 Uhr.