Ein Kämpfer der Freien Syrischen Armee bezieht einen Beobachtungsposten im südwestlichen Teil der syrischen Region Afrin.

Türkische Offensive gegen Kurden Auf Luftangriffe folgen Bodentruppen

Stand: 21.01.2018 12:41 Uhr

Die Türkei setzt ihre angekündigte Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG fort: Nach Angriffen aus der Luft, rücken nun Bodentruppen in das syrische Grenzgebiet Afrin vor.

Weithin waren die Einschläge türkischer Geschütze im Nachbarland Syrien zu hören. Die Angriffe erfolgten von türkischem Boden oder aus der Luft. Die meisten der anvisierten Ziele seien getroffen worden, meldete der türkische Generalstab. Mindestens zehn Menschen seien getötet worden, teilten die syrischen Kurden mit, darunter sieben Zivilisten.

Umgekehrt trafen mindestens vier Raketen türkische Wohngebiete in der Grenzregion Kilis. Dabei wurde nach offiziellen türkischen Angaben eine Frau leicht verletzt.  

Panzer rollen über Grenze nach Syrien

Bereits in der Nacht waren Panzer über die syrische Grenze gefahren. Am Vormittag begann dann die Bodenoffensive, wie sie Ministerpräsident Binali Yildirm angekündigt hatte. Yildirim sprach gestern von einer 30 Kilometer breiten Sicherheitszone, die die Türkei in Syrien erobern wolle.

Neben türkischen Soldaten würden auch Einheiten der Freien Syrischen Armee - Rebellen, die von der Türkei unterstützt werden - Teil dieser Operation sein. Kämpfer der Freien Syrischen Armee wurden in Bussen und ihre Pick-Up-Fahrzeugen von der Türkei aus nach Syrien gebracht. Bei vielen von ihnen soll es sich um syrische Turkmenen handeln, die seit jeher eine enge Verbindung zur Türkei unterhalten und sich vom Assad-Regime unterdrückt fühlten.

Keine Kontrolle durch "Terrorgruppen"

Die "Operation Olivenzweig" gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG ist eine Reaktion auf die Pläne der USA, entlang der syrischen Nordgrenze eine 30.000 Mann starke, kurdisch dominierte Truppe aufzustellen.

Doch die Türkei sieht in den kurdischen Bündnispartnern der Amerikaner eine Gefahr für die eigene Sicherheit, erklärt Huseyin Bagci, Professor für Internationale Beziehungen an der Technische Universität des Nahen Ostens in Ankara: "Die YPG, beziehungsweise die kurdischen Gruppen dort, haben Verbindungen zur PKK. Die türkische Regierung verbreitet seit einigen Tagen den Standpunkt, die türkische Grenze darf nicht von Terrorgruppen kontrolliert werden. Von einem nationalen Standpunkt aus betrachtet, kann man das verstehen."

Absprachen mit Moskau?

Von der gut 900 Kilometer langen türkisch-syrischen Grenze befinden sich rund 700 Kilometer fast durchgehend im Einflussgebiet der Kurden. Lediglich die Region um Afrin im Nordwesten ist von dem kurdischen Riegel abgespalten. Deshalb sei ein Erfolg der türkischen Offensive hier nicht unwahrscheinlich, meint Oytun Orhan, vom Zentrum für strategische Studien im Mittleren Osten in Ankara: "In der Gegend um Afrin sieht die Türkei realistische Chancen. Sie ist isoliert und verletzlicher als andere Gebiete. Dank der Kooperationsbereitschaft der Russen, kann die Offensive hier mit den Russen und Iranern abgestimmt werden."

Tatsächlich gab es offenbar Absprachen zwischen dem türkischen Generalstab und Moskau. Kurz vor Beginn der Offensive zogen sich russische Soldaten aus Afrin zurück.

Christian Buttkereit, Christian Buttkereit, ARD Istanbul, 21.01.2018 12:01 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 20. Januar 2018 um 23:15 Uhr.