
Krieg in Syrien Zurück an den Verhandlungstisch?
Stand: 16.04.2018 05:24 Uhr
Nach den Angriffen auf Syrien beraten heute die EU-Außenminister über das weitere Vorgehen. Frankreich will mit Russland, dem Iran und der Türkei über Lösungen sprechen und eine UN-Resolution vorbereiten.
Zwei Tage nach den Luftangriffen auf Ziele in Syrien will Frankreich bei einem EU-Außenministertreffen eine neue Initiative zur Entschärfung des Konfliktes vorstellen. Ziel ist nach Angaben von Diplomaten die Annahme einer umfassenden Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Sie soll unter anderem eine landesweite Waffenruhe und einen gesicherten Zugang für Helfer in Syrien ermöglichen.
Dazu will Staatspräsident Emmanuel Macron Russland und die Türkei an den Verhandlungstisch holen. Die Aufgabe Frankreichs sei es, "mit allen zu sprechen", sagte Macron am Sonntagabend den Sendern BFMTV und RMC sowie der investigativen Internetzeitung "Mediapart".
Die EU hatte sich am Wochenende hinter die Angriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens gegen mutmaßliche Chemiewaffen-Einrichtungen der syrischen Regierung gestellt.
Hoffen auf diplomatische Lösung im Syrien-Konflikt
tagesthemen 22:45 Uhr, 15.04.2018, Volker Schwenck, ARD Kairo
Macron sieht Angriffe als Erfolg
Macron verteidigte die Angriffe in Syrien als Erfolg. Die Fähigkeiten Syriens zur Herstellung von Chemiewaffen seien zerstört worden. Die Verbündeten seien international vollständig legitimiert gewesen, denn bei den Angriffen sei es darum gegangen, internationales humanitäres Recht durchzusetzen. Man sei zum Handeln ohne explizites UN-Mandat gezwungen gewesen wegen der starren Haltung Russlands im Weltsicherheitsrat.
Zudem habe er US-Präsident Donald Trump überzeugt, die Angriffe präzise auf Chemiewaffeneinrichtungen zu begrenzen. Auch deshalb habe es auf syrischer und russischer Seite keine Toten gegeben. "Das ist exakt das, was wir tun wollten", so Macron.
Trump will Truppen so schnell wie möglich zurückholen
Die US-amerikanischen Truppen in Syrien sollen nach dem Willen von US-Präsident Donald Trump so schnell wie möglich zurückkehren. Das bekräftigte das Weiße Haus und widersprach damit Aussagen von Macron. "Der US-Einsatz hat sich nicht geändert. Der Präsident hat klargemacht, dass er möchte, dass die Streitkräfte schnellstmöglich nach Hause kommen", sagt Präsidialamtssprecherin Sarah Sanders.
Macron hatte in seinem TV-Interview zuvor gesagt, er habe Trump von der Notwendigkeit eines "langfristigen" Verbleibs in Syrien überzeugt. Trump hatte bereits Ende März einen baldigen Rückzug der USA aus Syrien angekündigt.
Warnungen und Annäherung aus Moskau
Präsident Wladimir Putin warnte die USA und ihre Verbündeten vor weiteren Luftangriffen auf syrische Stellungen. Dies würde "unweigerlich Chaos in den internationalen Beziehungen verursachen", sagte Putin nach Angaben des Kreml in einem Telefonat mit seinem iranischen Kollegen Hassan Rouhani. Die beiden Staatschef verurteilten die Luftangriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens demnach als Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen. Die Bombardements hätten "die Aussichten auf eine politische Einigung in Syrien erheblich beeinträchtigt", hieß es in der Erklärung aus Moskau.
Doch auch in Russland ist man bemüht, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Moskau bekundete, weiter in Gesprächen über eine Lösung zu bleiben. Die Regierung werde jede Anstrengung unternehmen, um die politischen Beziehungen zum Westen zu verbessern, wird ein ranghoher Vertreter des Moskauer Außenministeriums in Medien zitiert.
Strafen gegen russische Unternehmen
Wirtschaftlich wollen die USA Russland für die Beteiligung am Syrien-Krieg bestrafen. Die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley kündigte neue Sanktionen an. Dabei werde es um Strafen gegen russische Unternehmen gehen, die mit Ausrüstung im Zusammenhang der Nutzung von Chemiewaffen in Syrien zu tun hätten.
Vergeltung für mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz
Die USA, Frankreich und Großbritannien hatten als Vergeltung für einen mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in Duma bei Damaskus mit mindestens 40 Toten am frühen Samstagmorgen mehrere Ziele in Syrien angegriffen. Die syrische Regierung bestreitet, Chemiewaffen eingesetzt zu haben.
EU-Debatte über Syrien: Die Stunde der Diplomatie
Kai Küstner, ARD Brüssel
16.04.2018 05:55 Uhr
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