EU-Außenminister beraten über Syrien Frieden schaffen - mit Waffen?

Stand: 27.05.2013 02:37 Uhr

Den EU-Außenministern bleibt nicht mehr viel Zeit zum Diskutieren. Sie müssen entscheiden - und zwar einstimmig: Waffen für die Assad-Gegner oder nicht? Die Ministerrunde ist gespalten. Derweil gerät der Libanon immer tiefer in den Konflikt im Nachbarland.

An Argumenten mangelt es keiner Seite: In der EU ist heftig umstritten, ob Waffenlieferungen an die Opposition in Syrien den Bürgerkrieg beenden oder erst richtig anheizen. Die EU muss sich einigen - und zwar in den nächsten Tagen. Einstimmig. Ohne Einstimmigkeit gibt es ab 1. Juni gar keine EU-Sanktionen gegen Syrien mehr. Denn das Waffenembargo ist verbunden mit allen anderen Sanktionen, vor allem Einreiseverboten, einem Einfuhrverbot für Öl und diversen Handels- und Finanzverboten.

Heute suchen die EU-Außenminister in Brüssel nach einer Kompromissformel. Bei dem Streit geht es im Kern um die Frage, ob mögliche Waffenlieferungen an die syrischen Aufständischen die Lage in Syrien eher verschlechtern oder verbessern würden. Jedes der drei unterschiedlichen Lager in der Europäischen Union hat dabei gute Argumente.

Drei Lager innerhalb der EU

Großbritannien ist der vehementeste Verfechter für Waffenlieferungen an einige der höchst unterschiedlichen Rebellengruppen. Dies könne die Regierung auch bei den geplanten neuen Syrien-Verhandlungen unter Druck setzen.

Frieden schaffen mit Waffen - das will auch Frankreich. Allerdings unter Bedingungen: Waffen sollten nur geliefert werden, wenn Empfänger und Einsatz bekannt seien, hatte Frankreichs Staatschef François Hollande kürzlich gesagt. Eine bessere Bewaffnung der syrischen Rebellen sei notwendig, denn nur "dieser militärische Druck" könne zu einer politischen Lösung führen.

Strikt gegen Waffenlieferungen an die syrischen Aufständischen sind ganz besonders Österreich, Finnland, Schweden und Tschechien. Österreichs Außenminister Michael Spindelegger ist nicht nur grundsätzlich dagegen, sondern sieht auch eine akute Gefahr für die rund 380 österreichischen Blauhelm-Soldaten auf den Golanhöhen. "Wenn Europa sich im syrischen Konflikt klar auf eine Seite stellte und den Rebellen Waffen lieferte, würden möglicherweise österreichische Soldaten dem Assad-Regime als Zielscheibe dienen", argumentiert Außenminister Spindelegger. Waffenlieferungen aus der EU an Syrien würden also vermutlich deren Abzug bedeuten - und vermutlich das Ende der UN-Blauhelmmission.

Sabine Henkel, S. Henkel, WDR Brüssel, 26.05.2013 23:24 Uhr

Eine dritte Gruppe ist zwar eigentlich auch gegen Waffenlieferungen, sucht aber einen Kompromiss, um Einstimmigkeit zu erreichen und die Syrien-Sanktionen nicht verfallen zu lassen. Zu dieser Gruppe wird Deutschland gerechnet.

Kompromiss gesucht

Im Bemühen um einen Kompromiss hat EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mehrere Möglichkeiten vorgeschlagen. Eine Notlösung wäre die Verlängerung um einen Monat: Damit wäre Zeit gewonnen, um die Sanktionen am Leben zu erhalten und zugleich abzuwarten, ob und wie es mit der von Russland und den USA vereinbarten internationalen Syrien-Konferenz weitergeht. Zuletzt gab es hier Anlass für ein bisschen Hoffnung: Syriens Außenminister Walid al Muallim signalisierte die Bereitschaft seiner Regierung, an dem Treffen in Genf teilzunehmen.

Auf Ashtons Liste möglicher Kompromisse stehen auch eine Erlaubnis der Lieferung bestimmter Waffen "zum Schutz der Zivilbevölkerung" ebenso wie eine Erlaubnis von Einzelfallentscheidungen für bestimmte Empfänger.

Hisbollah ist Kriegspartei

Derweil gerät der Libanon immer tiefer in den Konflikt im Nachbarland. Gestern schlugen erstmals im Süden der Hauptstadt Beirut Raketen ein und verletzten vier Menschen. Die Raketen schlugen im hauptsächlich von Schiiten bewohnten Süden Beiruts ein. Wenige Stunden zuvor hatte sich die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah offiziell als Konfliktpartei im syrischen Bürgerkrieg bekannt. In einer Rede sicherte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah Syriens Präsident Baschar al Assad weitere militärische Unterstützung zu und versprach einen "Sieg" in Syrien.

Zugleich gibt es im Libanon aber auch Muslime sunnitischer Glaubensrichtung, die schwer bewaffnet sind und die syrische Opposition unterstützen. Damit droht dem Libanon immer mehr eine Zerreißprobe.

Außenminister Guido Westerwelle warnte erneut vor der "Gefahr eines Flächenbrandes". Das kleine arabische Land versank bereits von 1975 bis 1990 in einem Bürgerkrieg. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich besorgt über die zunehmende Beteiligung der Hisbollah an den Kämpfen in Syrien. Damit steige die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts. Die Arabische Liga forderte die Hisbollah-Miliz auf, sich aus dem Bürgerkrieg in Syrien herauszuhalten.