Containerschiffe im Suezkanal

Alternative Seewege aus Sicherheitsgründen Den Suezkanal umschiffen

Stand: 20.11.2008 18:31 Uhr

Die Piraten am Horn von Afrika werden immer dreister. Während die Politik nach Auswegen sucht, unternimmt die Wirtschaft konkrete Schritte: Die ersten Reedereien wählen neue Routen. Die Anrainer des Roten Meeres befürchten, dass der Suezkanal an Bedeutung verlieren könnte.

Von Esther Saoub, ARD-Hörfunkstudio Kairo

Eine der weltgrößten Reedereien, A.P. Moller-Maersk, will sich in Zukunft für manche ihrer Schiffe neue Routen suchen. Betroffen seien jene Tanker, die für eine Flucht vor Piraten nicht schnell genug seien, so das Unternehmen in London. Es handele sich hauptsächlich um Öltanker, sie sollten eine alternative Route, um das südliche Afrika und das Kap der Guten Hoffnung, nehmen. Ein weiterer Großreeder, die norwegische Frontline überlegt ebenfalls, den Suezkanal zu meiden. Bereits am Montag hatte die norwegische Reederei Odfjell erste Konsequenz gezogen und angekündigt, nicht mehr den gefährlichen Weg durch den Kanal zu nehmen. Hintergrund sind die häufigen Überfälle von Piraten im Roten Meer, im Golf von Aden und am Horn von Afrika.

Über 90 Schiffe wurden seit Beginn des Jahres von Piraten im Roten Meer angegriffen, über dreißig gekapert. Derzeit sind mindestens 14 Schiffe in der Gewalt somalischer Piraten, darunter der saudische Supertanker "Sirius Star", das größte Schiff, dass je gekidnappt wurde. Es hat Öl im Wert von hundert Millionen Dollar an Bord, die Lösegeldverhandlungen laufen.

Saudi-Arabien ist zu allem bereit

Saudi-Arabien verschifft jeden Tag sieben Millionen Barrel Rohöl. Wenn der Seeweg durchs Rote Meer oder ums Kap der guten Hoffnung nicht mehr sicher ist, gerät das Land in ernsthafte Schwierigkeiten. "Wir werden uns hinter jede Initiative des Westens stellen, um die Meere zu sichern" verkündete daher die saudische Regierung Anfang der Woche.

Doch hier hat der Jemen Vorbehalte: Die meisten Piratenüberfälle finden im Golf von Aden statt, teilweise in jemenitischen Hoheitsgewässern. Wenn hier allerdings – wie von EU, NATO oder Russland geplant - in den nächsten Wochen ein massives Aufgebot an Kriegsschiffen patrouilliert, sieht der Jemen seine Souveränität gefährdet. Außenminister Abu Bakr al-Kurbi gab vor einer Konferenz in Kairo zu bedenken, dass zuviel westliches Militär eine schleichende Internationalisierung des Roten Meeres zur Folge haben könnte, und diese lehne er ab.

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Die übliche Route für Öltanker ist die Passage am Horn von Afrika vorbei, durch das Rote Meer und den Suezkanal. Der alternative Weg führt am Kap der Guten Hoffnung vorbei und damit um das komplette südliche Afrika herum. Diese Varinate dauert allerdings deutlich länger und ist damit auch teurer.

Angst um den Suezkanal

Aber, allein werden es die Anrainer nicht schaffen, wieder für Sicherheit zu sorgen. Und die hat auch für Ägypten höchste Priorität: Mit mindestens 16.000 Schiffen jährlich gehört der Suezkanal zu den meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt und ist eine der wichtigsten Einnahmequellen Ägyptens. Doch durch die unsichere Lage vor Somalia sind die Versicherungen für Frachtverkehr teurer geworden: Wer die Abkürzung durch den Kanal wählt, zahlt zehnmal soviel Prämie, wie jene, die Afrika umschiffen. Die Zeit drängt also, sowohl für die Saudis, die ihr Öl sicher ans Ziel bringen wollen, als auch für den Jemen oder Ägypten, die auf ungehinderten Schiffsverkehr vor ihren Küsten angewiesen sind.