Einsatzkräfte der Polizei sichern einen Eingang zur Altstadt von Straßburg.

Anschlag in Straßburg Was bislang bekannt ist

Stand: 12.12.2018 16:34 Uhr

Drei Menschen sind bei Schüssen am Rande des Straßburger Weihnachtsmarktes getötet worden. Inzwischen haben die Behörden mehr Informationen über den mutmaßlichen Täter. Was weiß man über die Tat?

Was ist in Straßburg passiert?

Ein Mann eröffnete nach Behördenangaben gegen 20 Uhr am Dienstagabend in der Nähe des Weihnachtsmarktes das Feuer mit einer Handfeuerwaffe und stach mit dem Messer auf Menschen ein. Soldaten, die den Weihnachtsmarkt bewachten, hätten den Mann angeschossen und verletzt, hieß es von der Polizeigewerkschaft. Ein Militärsprecher sagte, der Verdächtige habe gezielt Zivilisten ins Visier genommen.

Der französische Innenminister Christophe Castaner sagte, der mutmaßliche Täter habe an drei verschiedenen Orten in der Stadt "Terror" verbreitet. Zwischen 20 und 21 Uhr habe er sich zweimal einen Schusswechsel mit Sicherheitskräften im Patrouilleneinsatz geliefert. Laut dem Sender France Info entkam er anschließend mit einem Taxi, das er gestohlen hatte.

Wie viele Tote und Verletzte gibt es?

Bei dem tödlichen Anschlag sind zwei Menschen ums Leben gekommen. Eine weitere Person sei hirntot, sagte der Antiterror-Staatsanwalt Heitz. Zwölf Menschen wurden verletzt, sechs von ihnen sehr schwer.

Unter den Opfern ist ein Tourist aus Thailand, bestätigte das Außenministerium in Bangkok. Kurz nach den Schüssen hatten die Polizeigewerkschaft und der Bürgermeister von Straßburg noch von insgesamt vier Todesopfern gesprochen. Ein italienischer Journalist liegt im Koma, berichten italienische Medien. Er könne nicht operiert werden, weil ein Projektil in der Nähe des Schädels und der Wirbelsäule stecke.

Wer ist der mutmaßliche Täter?

Der mutmaßliche Täter heißt Chérif Chekatt, ist 29 Jahre alt und wurde in Straßburg geboren. Seine Eltern stammen aus Algerien, er hat sechs Geschwister. Auch nach seinem Bruder Sami wird gefahndet. Die beiden französischen Staatsbürger wohnten nach Informationen aus Sicherheitskreisen zuletzt in Straßburg. C. verbrachte in seinem Leben bislang mehr als fünf Jahre im Gefängnis.

Wegen welcher Straftaten fiel er bisher auf?

In Frankreich laufen mehrere Ermittlungsverfahren gegen Chekatt - darunter wohl auch eine Mordermittlung. Immer wieder ist er in den vergangenen Jahren in Frankreich, aber auch in Deutschland wegen Straftaten wie Diebstahl und Raub aufgefallen. Chekatt hat laut SWR-Informationen einen mit dem Hauptschulabschluss vergleichbaren Schulabschluss gemacht, aber keine Ausbildung. Nach der Schule arbeitete er demnach bei der Gemeinde, seit 2011 war er allerdings arbeitslos.

2012 brach er laut dpa nachts in eine Zahnarztpraxis in Mainz ein und stahl Geld sowie Zahngold. 2016 hebelte er demnach nachts die Tür einer Apotheke im badischen Engen auf, konnte aber noch in der Nacht mit Hilfe eines Polizeihubschraubers gefasst werden. Er hatte sich auf einen Baum geflüchtet.

Das Amtsgericht Singen verurteilte ihn deshalb, er saß 2016 und 2017 in Deutschland in Haft und galt als reisender Serienstraftäter. Im Prozess in Singen gab er an, keine Ausbildung zu haben und seit 2011 arbeitslos zu sein.

Laut Behörden wurde er auch in Luxemburg kriminell auffällig. Seine DNA sei bei einem versuchten Einbruchsdiebstahl im Jahr 2012 am Tatort gefunden worden, sagt ein Sprecher der Regierung in Luxemburg. Gegen ihn wurde auch ein Strafverfahren eingeleitet.

Was ist über das Motiv bekannt?

Die Ermittler gehen von einem terroristischen Hintergrund aus. Zeugen des Straßburger Anschlags haben den Angreifer "Allahu Akbar" (Allah ist groß) rufen hören, sagte der Antiterror-Staatsanwalt Heitz. Angesichts des Zielorts, seiner Vorgehensweise und der Zeugenaussagen habe die Antiterrorabteilung der Pariser Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen.

Zuvor war bekannt geworden, dass der Täter auf der Sicherheitsakte "Fiche S" geführt worden sei - einer Liste von Personen, die verdächtigt werden, radikalisiert zu sein. Das Motiv für den Angriff auf den Straßburger Weihnachtsmarkt könnte auch Rache gewesen sein, heißt es in Sicherheitskreisen. Möglicherweise habe der 29-Jährige auf den Versuch seiner Festnahme am Dienstagmorgen wegen eines mutmaßlich versuchten Tötungsdeliktes spontan reagiert. Die Polizei traf ihn dort nicht an, fand aber Waffen. Den französischen Sicherheitsbehörden sei keine Vorbereitung eines Anschlags in Straßburg bekannt gewesen.

Was geschah nach dem Anschlag?

Die Polizei riegelte Teile von Straßburg ab. Die Behörden forderten die Öffentlichkeit auf, in den Gebäuden zu bleiben. Einige Personen mussten stundenlang in Restaurants ausharren. Auch Abgeordnete des EU-Parlaments und Tausende Menschen in einem Sportstadion mussten vorerst dort bleiben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron leitete um Mitternacht ein Treffen im Krisenzentrum des Innenministeriums.

Ermittler nahmen vier Menschen aus dem Umfeld des 29 Jahre alten Tatverdächtigen Chekatt in Gewahrsam, sagte der Antiterror-Staatsanwalt Heitz.

Wie geht es jetzt weiter?

In Frankreich gilt nun die höchste Terrorwarnstufe. Zusätzliche Sicherheitskräfte sollen nach Straßburg geschickt werden. Laut Behörden sind derzeit Hunderte Sicherheitsbeamte und zwei Hubschrauber in die Suche nach dem mutmaßlichen Täter eingebunden. Die Bundespolizei kontrolliert den Grenzverkehr zwischen Deutschland und Frankreich.

Polizisten gehen durch eine Straße in Straßburg

In Frankreich gilt nun die höchste Terrorwarnstufe.

Der Weihnachtsmarkt von Straßburg bleibt heute geschlossen. Das Auswärtige Amt in Berlin verschärfte seine Reisehinweise für Frankreich. Reisende werden gebeten, "besonders vorsichtig zu sein und den Anweisungen von Sicherheitskräften unbedingt Folge zu leisten."

Mit Informationen von Kirsten Tromnau, SWR