EU-Kompromiss in Serbien-Frage Abkommen zweiter Klasse als Wahlhilfe

Stand: 28.01.2008 21:22 Uhr

Die Europäische Union hat sich darauf geeinigt, Serbien ein Abkommen anzubieten. Die geplante Vereinbarung umfasst unter anderem Erleichterungen bei Visa und Freihandel. Die EU will damit bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag die proeuropäischen Kräfte in Serbien stärken.

Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

Dass die EU den Serben die Tür gerade jetzt öffnet, ist kein Zufall. Denn am 3. Februar wird in Serbien ein neuer Präsident gewählt, und der Wahlkampf wird massiv von nationalistischen Tönen dominiert.

Hintergrund ist die unmittelbar bevorstehende Abspaltung der südserbischen Provinz Kosovo - mit einer Unabhängigkeitserklärung der Kosovaren wird unmittelbar nach der serbischen Präsidentschaftswahl gerechnet. Serbien ist strikt gegen ein unabhängiges Kosovo - die EU hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen.

Schwieriger Spagat

Brüssel versucht einen schwierigen Spagat: Einerseits die Kosovaren in ihren Unabhängigkeitsbestrebungen zu unterstützen, und andererseits die Serben zu umarmen. Das Abkommen, dass die EU der Regierung in Belgrad jetzt anbietet, soll die Grundlage für diesen Spagat sein.

"Die Menschen in Serbien haben die Wahl zwischen einer nationalistischen Vergangenheit und einer europäischen Zukunft", sagte EU-Erweiterungskommissar Oli Rehn. "Wir senden hiermit ein klares Signal an die Menschen - und wir vertrauen darauf, dass sie ihre europäische Zukunft wählen und in die Arme schließen werden."

Abkommen zweiter Klasse

Allerdings dürfte den Serben kaum entgehen, dass das, was die EU ihnen jetzt anbietet, ein Abkommen zweiter Klasse ist. Handelsabkommen, Visa-Erleichterungen, Kulturaustausch und Ausbildungsunterstützung sind gut und schön, aber ein vollwertiges Partnerschaftsabkommen, die eigentliche Vorstufe für eine EU-Mitgliedschaft, bietet Brüssel den Serben nicht an.

Die Pläne mussten beerdigt werden, weil die Niederlande und Belgien ihre Zustimmung verweigerten. Grund dafür ist, dass die Serben bis heute Ratko Mladic, einen der meistgesuchten Kriegsverbrecher aus der Zeit der Balkankriege Mitte der 90er Jahre, nicht an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ausgeliefert haben. Solange das nicht passiert ist, gibt es auch kein vollwertiges Partnerschaftsabkommen, sagen die Niederländer.

Gemäßigte Serben geben sich zufrieden

Der serbische Außenminister Vuk Jeremic gab sich dennoch betont erfreut über das Angebot aus Brüssel - die EU habe eine Tür aufgestoßen. "Ich hoffe sehr und ich bin überzeugt, dass die Menschen in Serbien sich entscheiden werden, durch diese Tür zu gehen", sagte Jeremic. Unnötig zu erwähnen, dass Jeremic zu den Moderaten in Serbien gehört. Man darf gespannt sein, wie die Bilanz nach den Wahlen in Serbien wirklich aussieht.