Jean-Jacques Sempé

Zum Tod von Jean-Jacques Sempé Zeichnungen mit Melancholie und Ironie

Stand: 12.08.2022 09:23 Uhr

Er einer der bekanntesten Zeichner Frankreichs. Jean-Jacques Sempé zeichnete seine Figuren mit elegantem Strich, oft mit ironischer Doppelbödigkeit. Der Erfinder des "Kleinen Nick" ist im Alter von 89 Jahren gestorben.

Von Carolin Dylla, ARD-Studio Paris

Als großen Künstler hat sich Jean-Jacques Sempé nie betrachtet. Eigentlich wisse er nicht mal, wie man zeichnet. In einem seiner letzten Interviews hatte er dem Journalisten eine Einladung zum Abendessen angeboten, wenn der es ihm erklären könne.

Eigentlich wäre Sempé auch lieber Profi-Fußballer geworden. Oder Musiker. Sempé liebte die Musik, er bewunderte Künstler wie Débussy, Ravel und vor allem Duke Ellington.

Blick auf die Ausstellung "Le Petit Nicolas" im Pariser Rathaus. (Archivbild: 5. März 2009)

Entstanden ist "Der kleine Nick" zusammen mit Asterix-Erfinder René Goscinny.

Klavierspiel mit Ellington

Im Sender FranceMusique erzählte Sempé von seiner Begegnung mit Ellington im Haus eines Freundes: "In dem Zimmer war es ganz dunkel, niemand außer mir war da. Ich habe mich ans Klavier gesetzt und ein bisschen gespielt - bis ich hinter mir eine Stimme hörte, die sagte: Not so bad. Nicht so schlecht. Und dann sagte er: Ich spiele die linke Hand und du die rechte. Und dann haben wir einen seiner Songs gespielt. Das war einer der schönsten Tage meines Lebens."

Berühmt ist Sempé trotzdem geworden - als einer der bekanntesten Zeichner Frankreichs.

Figuren, die sich dem Alltag stellen

Ein Humorist zu sein und auch als solcher gesehen zu werden - das war Sempé wichtig. Er kommentierte in seinen Werken - wenn überhaupt, dann nur äußerst selten - das Weltgeschehen. Vielmehr wollte er das Zeitlose darstellen.

Sempés Zeichnungen zeigen Figuren, die sich den alltäglichen Herausforderungen des Menschseins stellen. Er zeichnete sie mit feinem und elegantem Strich, oft mit ironischer Doppelbödigkeit. Aber immer mit Empathie und mit einem perfektionistischen Anspruch:

Eine Zeichnung ist perfekt, wenn sie ihre Funktion erfüllt - egal welche Funktion das ist. Das erreicht man aber nur schwer, und es kommt nicht oft vor. Und dann fange ich neu an. Und fange nochmal neu an. Und dieses Neu-Anfangen ist manchmal furchtbar anstrengend. (…) Es gibt Momente, in denen ich es einfach nicht schaffe zu zeichnen. Ich bin erschöpft, müde. Dann ergreift mich eine Erschöpfung, gegen die ich mit einem üppigen Mittagsschlaf ankämpfen muss.

"Der kleine Nick" - entstanden mit Asterix-Erfinder Goscinny

1932 wurde er in Pessac bei Bordeaux geboren. Zwischen seiner Mutter und dem Stiefvater gab es viel Streit, mit fliegendem Geschirr und lautstarken gegenseitigen Vorwürfen. Sempés wohl berühmteste Serie Le Petit Nicholas, "Der kleine Nick", ist ein Gegenentwurf zu dieser Realität.

Entstanden ist "Der kleine Nick" zusammen mit Asterix-Erfinder René Goscinny, mit dem Sempé eng befreundet war. Darin erzählen beide die Abenteuer von Nicolas und seinen Freunden im Frankreich der 1950er- und 1960er-Jahre.

Dass "Der kleine Nick" in 30 Sprachen übersetzt werden und sich fast acht Millionen Mal verkaufen würde, hätte Sempé selbst kaum für möglich gehalten. Und schon gar nicht, dass er mehr als 100 Titelseiten für das legendäre Magazin "The New Yorker" zeichnen würde.

Französischer Zeichner Jean-Jacques Sempé gestorben

Friederike Hofmann, ARD Paris, tagesschau, tagesschau, 12.08.2022 20:00 Uhr

Klavierstunden und harte Arbeit

Aber auch die Liebe zur Musik hat Sempé sich bis ins hohe Alter erhalten und noch Klavierstunden genommen. Warum, das hat er dem Sender FranceMusique erzählt - mit einem Augenzwinkern.

Die Zeit vergeht, und ich bin sicher, dass meine lieben Débussy, Ravel und Duke Ellington nicht aufhören, zusammen zu spielen und sich zu amüsieren. Und wenn ich dort oben im Jenseits ankomme, dann möchte ich mein Können am Klavier zumindest ein bisschen verbessert haben, damit sie auch mit mir spielen.

Hart an sich gearbeitet hat der Zeichner Sempé immer. Denn für ihn brauchte es eine gewisse Tapferkeit um zu zeichnen, ebenso wie es Tapferkeit brauche, ein Mensch zu sein.

In seinen Zeichnungen aber verlieh er dem Menschsein eine schlichte, melancholische Eleganz und ironische Leichtigkeit. Denn Sempé sagte selbst: Nicht seine Figuren seien klein - sondern die Welt ist groß.

Sabine Wachs, Sabine Wachs, ARD Paris, 12.08.2022 08:28 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 12. August 2022 um 09:00 Uhr.