Eine syrische Flüchtlingsfrau geht mit ihrem Kind im Arm durch ein Feld im Flüchtlingslager nahe der griechisch-mazedonischen Grenze bei Idomeni. (Archivbild: 14.04.2016)

Bericht von "Save the children" Kinder und Jugendliche auf Balkanroute oft Opfer von Gewalt

Stand: 13.09.2022 14:27 Uhr

Schläge, sexueller Missbrauch und Ausbeutung: Geflüchtete Kinder und Jugendliche auf der Balkanroute sind laut der Organisation "Save the Children" oft schwerer Gewalt ausgesetzt. Bei den Tätern handle es sich meist um Erwachsene in Machtpositionen.

Kinder und Jugendliche auf der Flucht über die Balkanroute in Richtung der EU müssen nach einem Bericht der Organisation "Save the Children" häufig Schläge, sexuellen Missbrauch und andere Formen der Gewalt erleiden. Auf ihrer Reise seien sie immer wieder fremden Erwachsenen schutzlos ausgeliefert. Sie fühlten sich hilflos und alleingelassen, teils mit Folgen, die die Entwicklung dauerhaft beeinträchtigten.

Es gebe ein "enormes Ausmaß von Gewalt und einen eklatanten Mangel an Schutzvorkehrungen für minderjährige Geflüchtete in Europa", erklärte die Hilfsorganisation bei der Vorstellung ihres Berichts "Wherever we go, someone does us harm" ("Wo wir auch hingehen, tut uns jemand Gewalt an"). Grundlage des Reports sind ausführliche Interviews mit 48 Kindern und Jugendlichen im Alter von 13 bis 19 Jahren in den Nicht-EU-Ländern Serbien und Bosnien und Herzegowina. Sie seien im Schnitt bereits seit vier Jahren auf der Flucht gewesen.

Meist handele es sich bei den Tätern um Erwachsene in Machtpositionen, wie etwa Grenzpolizisten und Schleuser. Kinder würden außerdem teils in gefängnisähnlichen Unterkünften untergebracht und nicht über ihre Rechte aufgeklärt, so die Organisation.

Fälle von versuchten Selbsttötungen

Vor allem unbegleitete Kinder auf der Flucht seien gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden. Viele müssten im Freien übernachten oder "mit fremden Erwachsenen in heruntergekommenen Gebäuden hausen - unter der ständigen Gefahr, geschlagen oder sexuell misshandelt zu werden". Insbesondere alleinreisende Jungen, die deutlich häufiger ohne Begleitung unterwegs sind als Mädchen, seien einem erheblichen Risiko ausgesetzt, Opfer sexueller Gewalt zu werden.

Viele Kinder und Jugendliche kompensierten das Erlebte mit Alkohol und Drogen, hieß es außerdem. Es gebe auch viele Fälle von Selbstverletzungen bis zu versuchten Selbsttötungen.

Forderung nach legalen Migrationsrouten

Die Hilfsorganisation nahm vor allem die Europäische Union in die Verantwortung. "Weil sich Europa auf die Abschreckung von Ankommenden konzentriert, sind Kinder schockierender Gewalt durch Polizei und Grenzschutz ausgesetzt - Gewalt, die ungestraft bleibt", sagte Direktorin Ylva Sperling.

Die EU und die Regierungen müssten unverzüglich handeln. "Sie sollten Kindern auf der Flucht den Zugang zu sicheren, geregelten und legalen Migrationsrouten ermöglichen, damit sie nicht länger den in diesem Bericht dokumentierten Torturen ausgesetzt sind."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. September 2022 um 05:00 Uhr.