
Krise in Italien Senat bremst auf Weg zu Neuwahlen
Stand: 12.08.2019 20:25 Uhr
Italiens Innenminister Salvini will Neuwahlen. Doch auf einen Zeitplan konnten sich die Fraktionschefs des Senats noch nicht einigen. Salvinis Gegner liebäugeln mit einer Übergangsregierung.
In der Regierungskrise in Italien haben sich die Fraktionsschefs im Senat noch nicht auf einen Zeitplan einigen können. Der Innenminister und Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, wollte noch in dieser Woche den Misstrauensantrag gegen Regierungschef Giuseppe Conte einbringen. Doch der Senat hat das erstmal unterbunden. Die entsprechenden Anträge fanden im Treffen der Fraktionschefs keine Mehrheit.
Senat muss Dienstag neuen Termin festlegen
Damit haben sich die oppositionellen Demokraten gemeinsam mit der Noch-Regierungspartei Fünf-Sterne-Bewegung erst einmal gegen die Lega durchgesetzt. Allerdings ist es nur ein erster Etappensieg. Am Dienstag müssen im Plenum alle Senatoren abstimmen und ein neues Datum für den Misstrauensantrag festlegen.
Die Demokraten und die Fünf-Sterne-Bewegung zeigen sich optimistisch, dass fast alle ihre Senatoren kurzfristig aus dem Urlaub zurückkehren können, um eine Mehrheit gegen schnelle Neuwahlen auch morgen sicherzustellen.
Regierungskrise in Italien verschärft sich
tagesthemen 21:35 Uhr, 12.08.2019, Julia Mumelter, ARD Rom
Die Salvini-Gegner im Senat wollen, dass Ministerpräsident Conte sich erst am 20. August dem Misstrauensantrag stellt. Die Fraktionschefs konnten sich darauf aber heute nicht einstimmig einigen.
Hintergrund dieses Tauziehens: Ein schneller Termin für das Misstrauensvotum würde die Tür öffnen für schnelle Neuwahlen - dies wollen der Partito Democratico und die Fünf-Sterne-Bewegung verhindern. Teile des PD fordern stattdessen eine Übergangsregierung, der sich zumindest ein Teil der Populisten offen gegenüber zeigt - denn letztere könnten bei einer Neuwahl massiv Stimmen verlieren.
Große Differenzen
Ausgesprochen hat die Idee der frühere Ministerpräsident und Ex-Chef der Sozialdemokraten, Matteo Renzi, der sich im Zuge der Regierungskrise wieder in Stellung gebracht hat. Er hält eine baldige Neuwahl für "wahnwitzig". Allerdings sind die Bedenken gegen ein überparteiliches Bündnis groß, unter anderem wegen persönlicher Differenzen und Beleidigungen. So sagte Sterne-Chef Luigi Di Maio: "Niemand will sich mit Renzi an einen Tisch setzen."
Auch Beobachter sind deshalb skeptisch: "Es wäre eine Zweckkoalition, ein Zweckbündnis der beiden Verlierer, die sich wieder zusammentun. Ich halte das für relativ unwahrscheinlich", sagt die Direktorin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom, Caroline Kanter.
Mit einer Anti-Salvini-Allianz würden die Parteien nicht nur riskieren, Anhänger zu verprellen. "Es wäre ein sehr, sehr risikoreiches Unterfangen für das politische System Italiens", sagte der Politikprofessor Giovanni Orsina von der Luiss-Universität in Rom.
Mit Informationen von Jörg Seisselberg, ARD-Studio Rom
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