
Fall Skripal Noch monatelang Gift in Salisbury
Stand: 20.04.2018 13:43 Uhr
Die Folgen der Attacke gegen Ex-Agent Skripal werden in Salisbury noch lange spürbar sein. Weil sich das Nervengift nicht auflöst, sondern die tödliche Wirkung behält, muss es aufwändig entfernt werden.
Von Jens-Peter Marquardt, ARD-Studio London
Das Nervengift löst sich nicht einfach mit der Zeit auf. Es behält seine tödliche Wirkung. Es kann auch nicht einfach abgewaschen werden. Kontaminierte Stellen müssen sehr sorgfältig mit ätzenden Stoffen behandelt werden, um das Gift vom Typ Nowitschok in harmlose Bestandteile aufzulösen.
Damit sind jetzt Spezialisten des britischen Militärs und der Polizei beschäftigt. In luftdichten Schutzanzügen sind sie an insgesamt neun Orten in der Stadt dabei, nicht nur weiteres Beweismaterial zu sammeln, sondern diese sogenannten "Hot Spots" auch zu dekontaminieren. Die Bürger von Salisbury werden sich an diese Menschen in Raumanzügen hinter den Absperrungen gewöhnen müssen. Sie werden noch monatelang beschäftigt sein, voraussichtlich bis Ende des Jahres.
Bei einer Bürgerversammlung versuchten Wissenschaftler und Beamte, die Bürger zu beruhigen. Außerhalb der neun als belastet identifizierten "Hot Spots" gebe es keine Gefahr für die Menschen in Salisbury, erklärte der zuständige Landrat Alisdair Cumming.
Nach den Ermittlungen der Polizei haben die Attentäter Nowitschok-Gift in flüssiger Form benutzt. Das heißt: Dieses Gift verdampfe nicht, könne auch nicht auf weitere Stellen verfliegen. Es bleibe am ursprünglichen Ort, bis diese Stelle dekontaminiert sei, so der Landrat.
Salisbury leidet unter Nachwirkungen des Anschlags
Trotzdem leidet die Stadt noch immer unter den Nachwirkungen des Anschlags. Die berühmte Kathedrale von Salisbury ist normalerweise ein Anziehungspunkt für viele Besucher. Doch jetzt trauen sich deutlich weniger Touristen in die Stadt. Die Geschäfte und Restaurants leiden darunter. Sie fordern jetzt Entschädigung vom Staat für den Umsatzausfall.
Zu den neun als kontaminiert geltenden Stellen in der Stadt gehört natürlich das Wohnhaus der Skripals. Hier war das Nervengift an der Türklinke gefunden worden. Wahrscheinlich haben sich Sergej und Julia Skripal durch das Berühren der Klinke vergiftet. Noch wird in dem Haus nach Spuren gesucht. Möglicherweise muss es am Ende der Arbeiten abgerissen werden, um jegliche zukünftige Gefahr auszuschließen.
Auch ein Restaurant und ein Pub kontaminiert
Auch das Haus des Polizisten, der sich nach dem Anschlag vergiftet hatte und ebenfalls zeitweise im Krankenhaus behandelt wurde, wird weiter dekontaminiert. Er und seine Familie wohnen jetzt an einem anderen Ort. Zu den immer noch kontaminierten "Hot Spots" in der Stadt gehören auch ein italienisches Restaurant und ein Pub, die ebenfalls noch monatelang geschlossen bleiben werden. Hier hatten sich die Skripals am 4. März aufgehalten, bevor sie auf einer Parkbank zusammenbrachen.
Landrat Cumming versuchte jetzt die Bürger zu beruhigen. Nach Ende der Dekontaminierungsarbeiten werde Salisbury wieder sauber und sicher sein. Doch erst einmal werden jetzt die Flatterbänder, welche die "Hot Spots" absperren, durch solide Zäune ersetzt - als dauerhafte Absperrung für die nächsten Monate.
Tochter inzwischen an sicherem Ort
Skripal und seine Tochter waren am 4. März in der südenglischen Stadt Salisbury vergiftet worden. Julia Skripal wurde inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen und befindet sich an einem sicheren Ort. Ihr Vater wird weiter in der Klinik behandelt. Auch er soll sich auf dem Weg der Besserung befinden.
Das Attentat hatte eine schwere diplomatische Krise ausgelöst. London bezichtigt Moskau, hinter der Tat zu stecken.
Nach Skripal-Anschlag: Salisbury noch lange vom Gift betroffen
Jens-Peter Marquardt, ARD London
20.04.2018 13:16 Uhr
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