
Michail Saakaschwili Einst Präsident, jetzt staatenlos
Er wird verehrt und gehasst - Michael Saakaschwili, Ex-Präsident Georgiens und Ex-Gouverneur in der Ukraine. Nun verlor er im Streit mit dem ukrainischen Präsidenten seine Staatsbürgerschaft. In den USA kämpft er um seinen Pass.
In zwei Staaten hat es Michail Saakaschwili zu hohen Ämtern gebracht. Nun ist er Staatenloser. In seiner Heimat Georgien war er von 2004 bis 2013 Staatspräsident. 2015 setzte ihn sein Studienfreund, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, als Gouverneur von Odessa ein.
Doch bereits im vorigen November gab Saakaschwili auf. Gegen die korrupten Strukturen in der ukrainischen Hafenstadt am Schwarzen Meer kam er nicht an. Er konnte dort nicht wiederholen, was ihm in Georgien gelungen war: die Alltagskorruption erfolgreich zu bekämpfen.
Saakaschwili verließ Odessa nicht ohne Poroschenko scharf zu kritisieren. Er sah sich vom ukrainischen Präsidenten nicht ausreichend unterstützt und warf ihm auch noch vor, selbst korrupt und ein Oligarch zu sein. Fortan wollte sich Saakaschwili der Erneuerung des politischen Systems in der Ukraine widmen und der jungen Generation zur Macht verhelfen - so stellte er es dar.
Doch Poroschenko, die Präsidentenwahl im nächsten Jahr und vielstimmige Kritik an seiner Amtsführung vor Augen, wurde dies offenbar zu viel. Er entzog seinem ehemaligen Freund kurzerhand die ukrainische Staatsbürgerschaft.

Früher Studienkameraden und politische Freunde, heute zerstritten: Poroschenko und Saakaschwili Bild: AFP
Per Haftbefehl gesucht
Der sitzt nun ohne gültigen Pass in den USA. Denn durch die Annahme der ukrainischen hatte Saakaschwili die georgische Staatsbürgerschaft verloren.
Zwar gibt es eine UNHCR-Konvention, wonach Staaten Bürgern nicht die einzige Staatsbürgerschaft entziehen und sie damit staatenlos machen dürfen. Doch heißt es dort auch, dass falsche Angaben oder Betrug den Entzug des Passes erlauben.
Genau dies soll Saakaschwili getan haben, behauptet Poroschenko: Saakaschwili habe bei der Pass-Antragstellung verschwiegen, dass er in Georgien per Haftbefehl gesucht wird. Er habe auch nicht gewusst, dass Georgien bereits zwei Mal einen Auslieferungsantrag für Saakaschwili gestellt habe.
Die georgische Staatsanwaltschaft wirft ihm Machtmissbrauch in drei Fällen vor: die gewaltsame Auflösung von Protesten, die gesetzeswidrige Durchsuchung eines Fernsehsenders und illegale Übernahme von Eigentum eines inzwischen verstorbenen Oppositionspolitikers und Oligarchen.
Erfahren haben will Poroschenko von den Auslieferungsanträgen erst bei einem Besuch vergangene Woche in Georgien. Dort soll er neben Regierungsvertretern einen politischen Feind Saakaschwilis, den Milliardär Bidsina Iwanischwili, gesprochen haben. Iwanischwili sorgte 2012 mit der Bewegung "Georgischer Traum" für die Abwahl von Saakaschwilis Partei und ist noch immer einflussreich.

Links Saakaschwili, rechts Iwanischwili - auch sie kooperierten einstmals und wurden dann zu politischen Feinden.
Kein Antrag auf Asyl
Das ist für Saakaschwili Anlass, sich als Opfer einer Kungelei zweier korrupter Oligarchen darzustellen. Von New York aus beteuert er, wie beliebt er als Politiker in der Ukraine sei und wie erfolgversprechend seine Pläne dort seien.
Wie es für ihn ohne Pass weitergeht, ist offen. In einem Interview mit dem französischen Sender France24 verneinte Saakaschwili das Naheliegendste: Er wolle kein Asyl in USA beantragen. Er kämpfe für seine Rückkehr in die Ukraine.
Doch selbst wenn ihm das gelänge, würde er sehr wahrscheinlich von dort an Georgien ausgeliefert, wo er vor ein Gericht gestellt würde.
Viele Georgier wollen ihn genau dort sehen. Anhänger und Mitstreiter sind wenige verblieben. Zuletzt hatte sich Saakaschwili im Herbst in den Parlamentswahlkampf dort eingeschaltet. Er kündigte seine Rückkehr und Massenproteste an - zum Schaden seiner Partei, die sich endgültig darüber zerstritt, wie mit ihm umzugehen sei.
Hoffnungen auf Trump
Dennoch löst der Entzug seiner Staatsbürgerschaft Kritik aus, in der Ukraine und darüber hinaus. Saakaschwili setzt nun auf US-Präsident Donald Trump, den er seit Jahren kennt.
2012 besuchte Trump Georgien und kündigte mit Saakaschwili an, einen Trump-Tower in der Schwarzmeer-Stadt Batumi zu errichten. Damals war Trump in einem Tweet voll des Lobes für Georgien und dessen Präsidenten: Das Land sei ein kleines Wunder und ein großer Verbündeter Amerikas.
Aus dem Hochhaus-Projekt wurde nichts. Viel kann Saakaschwili heute nicht mehr bieten. Geblieben ist ihm neben seiner angeschlagenen Reputation als Reformer der Ruf, "persönlicher Feind" von Russlands Präsident Wladimir Putin zu sein, wie er selbst gern betont.
Das verleiht ihm immerhin Gewicht, wenn er in US-Medien erklärt, Trump sei nicht Russland-freundlich, im Gegenteil. Denn schließlich stärke Trump das US-Militär und verkaufe Gas in Europa. Bleibt die Frage, was Trump die Bekanntschaft mit Saakaschwili wert ist.

2012 hatte Trump mit Saakaschwili den Start eines Trump-Tower-Projekts in Georgien gefeiert. Bild: picture alliance / dpa