Reaktion der Betroffenen "Ich bin drauf, Le Pen und Blatter nicht"

Stand: 30.05.2015 15:34 Uhr

Von Wellmann bis Harms, vom Merkel-Berater Corsepius bis zum früheren EU-Kommissar Füle: Moskaus "Schwarze Liste" wimmelt von bekannten Namen. Auch Belgiens Ex-Premier Verhofstadt steht drauf - und spricht von Russland als "neuer Version der UdSSR".

Die EU-Kommission, aber auch die Bundesregierung fordern von Moskau Aufklärung über weitere Einreiseverbote für europäischer Politiker. Sie müssten das sofort erfahren und hätten ein Anrecht darauf, über die genauen Gründe informiert zu werden, um Rechtsmittel einlegen zu können. Die sogenannte Stopp-Liste gilt als Reaktion auf Einreiseverbote für russische Abgeordnete im Zuge der Ukraine-Krise.

Der finnische Rundfunk hatte eine Liste mit 89 Personen veröffentlicht, darunter acht deutsche. Betroffen sind unter anderem der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann, Unionsfraktionsvize Michael Fuchs sowie die Grünen-Europaabgeordneten Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit. Eine EU-Sprecherin bestätigte, dass schon in den vergangenen Monaten zahlreichen EU-Abgeordneten die Einreise nach Russland verweigert worden sei.

Die Liste reicht ins engste Umfeld der Kanzlerin

Dass es eine Liste mit Einreiseverboten gibt, hatte Moskau schon im vergangenen Herbst mitgeteilt. Allerdings war diese Liste bisher vertraulich behandelt worden. Das russische Einreiseverbot trifft auch den neuen europapolitischen Berater der Bundeskanzlerin, Uwe Corsepius. Er war bislang Generalsekretär des EU-Rats in Brüssel.

Einreiseverbote gelten auch für den Fraktionschef der Liberalen im EU-Parlament, den belgischen Ex-Premier Guy Verhofstadt, und für den ehemaligen tschechischen EU-Kommissar Stefan Füle.

Verhofstadt hatte Russland besonders scharf für das Vorgehen in der Ukraine kritisiert: "Wir müssen das Gewehr laden, gegen das Regime und dessen Vertreter, zudem müssen Vermögen einfrieren und Einreiseverbote nach Europa verhängen", hatte er gesagt.

Nun reagierte Verhofstadt auch mit deutlichen Worten auf sein eigenes Einreiseverbot: Putin habe dem Land Demokratie und Freiheiten entzogen. Während er selber draußen bleiben müsse, so Verhofstadt, seien FIFA-Chef Sepp Blatter und die Vorsitzende der französischen Rechtsextremen, Marie Le Pen, in Russland willkommen. Moskau steuere auf eine neue Version der früheren UdSSR zu.

"Und plötzlich hatte ich meinen Pass nicht mehr"

Die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms hatte bereits befürchtet, dass eine Vielzahl von EU-Abgeordneten damit rechnen müssten, auf der "Schwarzen Liste" zu stehen. "Die Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament haben ja für Sanktionen gegen Moskau gestimmt und könnten sich jetzt auch auf dieser Liste befinden", so Harms kürzlich. Für einige von ihnen besteht jetzt Klarheit.

Harms selbst wollte vor einigen Monaten nach Russland. Damals sei ihr noch mitgeteilt worden, dass es sich um eine vertrauliche Liste handele. Am Moskauer Flughafen wurde sie aus der Warteschlange geholt, die Papiere wurden ihr abgenommen: "Für mich war das eine neue Erfahrung, stundenlang nicht mehr meinen Pass zu haben, sondern zu wissen, dass er in den Händen der russischen Behörden liegt." 

Was passiert jetzt mit dem, der es trotzdem versucht?

Aufklärung gab es durch einen Mitarbeiter des russischen Außenministeriums erst nach vielen Stunden. Da bekam Harms mitgeteilt, dass sie zur "unerwünschten Person" erklärt worden sei. "Ich musste unterschreiben, dass ich darüber unterrichtet worden bin und dass jeder Verstoß als krimineller Akt betrachtet werde."

Europäische Politiker, die auf der Stopp-Liste stehen, müssen künftig wohl nicht nur damit rechnen, bei einem Einreiseversuch abgewiesen zu werde. Vielmehr könnten ihnen offenbar sogar die Festnahme und ein Strafverfahren drohen.

Andreas Meyer-Feist, A. Meyer-Feist, HR Brüssel, 30.05.2015 13:45 Uhr