
Nach Angriff auf Schwarzmeerflotte Russland setzt Getreide-Deal mit Ukraine aus
Russland will die mit der Ukraine vereinbarte Übereinkunft zum Export von Getreide aussetzen. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Begründet wurde der Schritt mit einem vorangegangenen Drohnenangriff auf die Schwarzmeerflotte.
Russland setzt nach eigenen Angaben seine Beteiligung am Abkommen zu ukrainischen Getreide-Exporten aus. Zur Begründung erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau: "Angesichts des vom Regime in Kiew unter Teilnahme britischer Experten ausgeführten Terroraktes gegen Schiffe der Schwarzmeerflotte und auch zivile Schiffe, welche an der Sicherung der Getreide-Korridore beteiligt sind, suspendiert Russland seine Teilnahme an der Umsetzung des Vertrages zum Export von Landwirtschaftsprodukten aus ukrainischen Häfen."
Ukraine und Großbritannien bestreiten Vorwürfe
Nach russischer Darstellung waren Schiffe der Schwarzmeerflotte am Morgen um 4.20 Uhr Ortszeit mit 16 Drohnen angegriffen worden. Die meisten seien abgefangen worden. Das Minenräumschiff "Iwan Golubez" und auch Anlagen in einer Bucht seien leicht beschädigt worden. Vor dem Hintergrund dieser Darstellung der Ereignisse erklärte das russische Verteidigungsministerium, dass die Sicherheit des für die Getreidetransporte eingerichteten Korridors nicht mehr gewährleistet werden könne. Daher werde das Getreideabkommen ausgesetzt.
Russland hatte in der Vergangenheit immer wieder gedroht, das Abkommen im Fall von Terror- oder Sabotageakten platzen zu lassen. Die Ukraine bestreitet allerdings ebenso wie Großbritannien, für einen Angriff auf den Heimathafen der Schwarzmeerflotte verantwortlich zu sein.
Selenskyj fordert internationale Reaktion
Die ukrainische Regierung warf Russland in einer ersten Reaktion Erpressung vor und forderte eine entschlossene Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert eine scharfe Reaktion der Vereinten Nationen (UN) und der G20-Staaten. Russland verursache mit diesem Schritt Hungersnöte in Afrika, dem Nahen Osten und Südasien, sagte er in einer Videobotschaft. Die rotierende Präsidentschaft der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) hat gegenwärtig Indonesien inne. Neben mehreren westlichen Ländern gehören unter anderem auch Russland und China der Gruppe an. Selenskyj forderte einen Ausschluss Russlands aus der G20-Gruppe. "Russland gehört nicht in die G20", sagte er.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte auf Twitter: "Jetzt bedient sich Moskau eines falschen Vorwands, um den Getreidekorridor zu blockieren, der die Ernährungssicherheit für Millionen Menschen sicherstellt." Er fordere alle Staaten auf, an Russland zu appellieren, sich an seine Verpflichtungen zu halten.
Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres erklärte nach der russischen Ankündigung, es sei "von entscheidender Bedeutung", dass "alle Vertragsparteien jegliche Handlungen unterlassen", die das Abkommen gefährden würden. Das Abkommen sei von "zentraler humanitärer Bedeutung" und wirke sich positiv auf den Zugang von Millionen Menschen weltweit zu Nahrungsmitteln aus. Das Büro des Generalsekretärs stehe in der Frage in Kontakt zu den russischen Behörden.
UN fordern Verlängerung des Abkommens
Erst am Freitag hatte Guterres alle Beteiligten dazu aufgerufen, Anstrengungen zugunsten einer Verlängerung des bislang bis zum 19. November befristeten Getreideabkommens zu unternehmen.
Unter Vermittlung der Türkei und der UN hatten sich Russland und die Ukraine im Juli auf die Wiederaufnahme der ukrainischen Getreidelieferungen geeinigt. Ein weiteres Abkommen von Juli erlaubt die Ausfuhr russischer Lebensmittel und Dünger trotz westlicher Sanktionen. Russland bemängelt, dass es trotz der Vereinbarung seine Produkte wegen der Sanktionen im Finanz- und Logistikbereich nicht verkaufen kann.
Die ursprüngliche Dauer der Einigung über ukrainische Exporte betrage 120 Tage mit der Option auf Verlängerung am 19. November, "wenn keine der Parteien Einwände erhebt", erklärte ein Guterres-Sprecher. "Regierungen, Schifffahrtsunternehmen, Getreide- und Düngerhändler und Landwirte auf der ganzen Welt erwarten Klarheit über die Zukunft", fügte er hinzu.