Dimitri Muratow

Statement von Kulturschaffenden Russische Prominente verurteilen den Krieg

Stand: 25.02.2022 19:42 Uhr

"Eine Schande": Mit scharfen Worten haben sich zahlreiche russische Prominente gegen den Angriff auf die Ukraine gewandt. Mit dabei ist auch Friedensnobelpreisträger Muratow. Staatsnahe Zeitungen dagegen bleiben dem Kreml treu.

Am Tag nach dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine bleiben die staatsnahen Zeitungen in Russland erwartbar auf Kreml-Kurs. Die "Russische Zeitung" bringt ein Foto von Präsident Wladimir Putin vor einer markanten Holzwand und die Schlagzeile: "Die Kraft liegt in Gerechtigkeit und Wahrheit. Und die Wahrheit ist auf unserer Seite."

Die renommierte Wirtschaftszeitung "Kommersant" zeigt russische Militärtechnik auf der Titelseite. Und greift in der Schlagzeile zu einem filigranen Wortspiel: "Angriff und Sühne". Es ist ein Verweis auf den Roman "Schuld und Sühne" von Dostojewski. Im Artikel dazu geht es um die Sanktionen, die gegen Russland für die "Militäroperation" in der Ukraine verhängt wurden.

"Russland. Bombardiert. Ukraine"

Die "Nowaja Gazeta" - eine der wenigen unabhängigen Zeitungen in Russland - ist in ihrer Aussage dagegen sehr klar. Die Titelseite ist schwarz. In Großbuchstaben stehen darauf drei Worte: "Russland. Bombardiert. Ukraine."

Darunter, ebenfalls auf der Titelseite, nimmt die Redaktion Stellung zu aktuellen Geschehnissen. In zwei Sprachen - auf Russisch und Ukrainisch - schreibt sie: "Die Redaktion der 'Nowaja Gazeta' erkennt den Krieg als Irrsinn an. Die Redaktion der 'Nowaja' erkennt die Ukraine nicht als Feind, und die ukrainische Sprache nicht als Sprache eines Feindes an."

Die Worte scheinen sehr überlegt gewählt. Es geht offenbar nicht um Haltung oder Meinung, sondern um Anerkennung des russischen Angriffs. Und zwar als Unrecht, das Russland seinem Nachbarn angetan hat. Die gesamte Ausgabe der Zeitung erscheint in zwei Sprachen. Alle Artikel einmal auf Russisch und einmal auf Ukrainisch. Es wirkt symbolisch: Zwei Sprachen, zwei Länder.

"Wir fordern, diesen Krieg zu stoppen"

Der Chefredakteur der "Nowaja Gazeta", Dmitrij Muratow, ist Friedensnobelpreisträger. Er hat auch ein Statement russischer Kulturschaffender gegen den Krieg unterschrieben. Sie sind etwa ein Dutzend. Neben Muratow setzten der Bestsellerautor Dmitrij Gluchowskij und die landesweit bekannte Schauspielerin Tschulpan Chamatowa ihre Unterschriften unter das Statement.

Darin nennen sie den Krieg, den Russland gegen die Ukraine entfesselt hat, eine "Schande". Und sie lehnen deutlich das Narrativ des Kreml ab, von der Ukraine würde für Russland eine Gefahr ausgehen.

Wir glauben nicht, dass eine unabhängige Ukraine eine Bedrohung für Russland oder für irgendeinen anderen Staat ist. Wir glauben den Erklärungen von Wladimir Putin nicht, dass das ukrainische Volk unter der Macht von 'Nazis' steht und davon 'befreit' werden muss. Wir fordern, diesen Krieg zu stoppen.

Pop- und Rockstars: "Nein zum Krieg"

In den sozialen Medien sprechen sich auch russische Pop- und Rockstars gegen den Krieg aus. Es sind keine Sternchen, sondern richtig große Namen - die in keinem Konzert oder keiner Show des staatlichen Fernsehens fehlen dürfen. Sie posten ein Schwarzbild und schreiben dazu: "Nein zum Krieg".

Russland öffentlich verurteilen oder gar Putin namentlich erwähnen - das tun sie in ihren Posts zwar nicht. Und trotzdem scheint klar, dass ihre deutliche Botschaft harte Konsequenzen bedeuten könnte.

Offenbar bekommt das der beliebteste russische Fernsehmoderator Ivan Urgant schon zu spüren. Er ist der Frontman der bekanntesten russischen Late-Night-Show, die jeden Abend an Wochentagen im Ersten russischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Urgant ist in etwa der russische David Letterman oder Jan Böhmermann. Auch er postete das Schwarzbild mit dem Satz "Nein zum Krieg" in seinem Instagram-Account. Die Show wurde zuletzt am Montag ausgestrahlt. Die nächste Ausgabe steht nicht mehr auf dem Programmplan.

Palina Milling, Palina Milling, WDR, 25.02.2022 15:56 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete B5 aktuell am 25. Februar 2022 um 19:50 Uhr.