
Rosenmontagszüge gegen rechts "Karneval ist bunt, nicht braun"
Stand: 24.02.2020 17:12 Uhr
Nicht nur feiern, sondern auch mahnen - das schrieben sich wenige Tage nach dem Anschlag in Hanau die traditionellen Rosenmontagszüge auf die Fahnen. Mehrere Wagen bezogen Position gegen rechts.
Das Wetter war grau, die Themen waren politisch: Im Rheinland sind die traditionellen Rosenmontagszüge durch die Karnevals- und Fastnachtshochburgen gerollt und haben Position gegen rechts bezogen. In Köln erinnerte ein Wagen gleich zu Beginn an den rassistischen Anschlag in Hanau in der vergangenen Woche. Ein weinender Dom hielt ein Herz in den Händen: "Uns Hätz schleiht för Hanau" stand darauf - unser Herz schlägt für Hanau.
Die Wagenbauer stellten ihren Dom mit hängenden Turmspitzen und Tränen dar. "Karneval ist bunt, nicht braun", sagte Zugleiter Holger Kirsch der dpa. "Mit dem zusätzlichen Wagen gleich zu Beginn des Rosenmontagszuges wollen wir an die Opfer der schrecklichen Tat von Hanau erinnern und zugleich ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit setzen."
"Es sind viele Täter"
Auch in anderen Städten positionierten sich Wagen gegen rechts. Die Düsseldorfer stellten Rassismus als Pistole dar, die aus dem Mund eines Mannes mit hochrotem Kopf ragt. "Aus Worten werden Taten!", war auf die Wange des Mannes geschrieben. Daneben standen die auf rechte Gewalttaten verweisenden Schlagworte NSU, W. Lübcke, Halle und Hanau. "Es sind viele Täter", sagte der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly. "Es ist nicht nur einer, der geschossen hat. Diejenigen, die die Tat mental mit vorbereitet haben, tragen auch Verantwortung." Satire müsse gerade auch die ernsten Themen kritisch begleiten. "Und Ernsteres als dieses Thema Rechtsterrorismus gibt es im Moment überhaupt nicht."
Auch die AfD war in Düsseldorf Thema. Auf einem Wagen war eine Figur des Thüringer Parteichefs Björn Höcke zu sehen, die den Hitlergruß zeigte und auf deren Schulter die Worte "Heilt Höcke" zu lesen waren. Gestützt wurde der erhobene Arm durch zwei Figuren, die Thüringens CDU-Chef Mike Mohring und den dortigen inzwischen zurückgetretenen Kurzzeitministerpräsidenten Thomas Kemmerich von der FDP zeigten.
CDU, SPD, Brexit, Trump
Die internen Vorgänge in den anderen Parteien wurden ebenfalls thematisiert. So stellten die Düsseldorfer auf weiteren Motivwagen den Machtkampf in der CDU als Sackhüpfen zwischen Jens Spahn, Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen dar. Bei der SPD schwenkten die neuen Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ganz in Schwarz-Weiß ihre Fähnchen - Motto: "Wir bringen wieder Farbe in die SPD". In Mainz zeigte einer der Motivwagen die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer im Outfit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), das ihr allerdings viel zu groß war. Mit einem Stoppschild hielt ein Zwerg sie auf, der die Thüringer CDU darstellte.
Und auch die internationalen Akteure wurden nicht von den Wagenbauern verschont. Die Kölner Motivwagen zeigten die Abgeordneten im britischen Unterhaus als Skelette in einer endlosen Brexit-Debatte. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro stand vor verkohlten Samba-Tänzerinnen in einem abgebrannten Regenwald. Im Mainzer Zug fuhr US-Präsident Donald Trump als römischer Kaiser und Brandstifter Nero mit. Auch die deutschen Rüstungsexporte in die Türkei wurden thematisiert: Auf einem Panzer "Made in Germany" saß Präsident Recep Tayyip Erdogan und wurde beim Vorstoß nach Syrien vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gesteuert.
Staatsschutz ermittelt nach Umzug in Sachsen
Während sich die Rosenmontagszüge im Rheinland klare Kante gegen Rechtsextremismus zeigten, ermittelt in Sachsen nach einem Faschingsumszug im Ort Schirgiswalde (Landkreis Bautzen) unterdessen der Staatsschutz. Mehrere Personen sollen Schilder mit Symbolen getragen haben, "bei denen eine strafrechtliche Relevanz nicht auszuschließen war", teilte die Polizeidirektion Görlitz mit. Es seien die Personalien von drei Personen aufgenommen worden. Erste Prüfungen hätten keine strafrechtliche Relevanz ergeben, jedoch werde ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz nicht ausgeschlossen. Die weiteren Ermittlungen führe der Staatsschutz. In sozialen Netzwerken wurden Bilder geteilt, auf denen Umzugsteilnehmer Schilder mit dem Logo der sogenannten "Identitären Bewegung" hochhalten. Diese wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.