
Protest in Rumänien Bis der Filz entworren ist
Stand: 03.02.2017 14:01 Uhr
Die Rumänen lassen nicht locker: Am dritten Tag in Folge haben sie gegen ihre Regierung protestiert. Doch die hält weiter an der umstrittenen Verordnung fest, die korrupten Amtsträgern Straffreiheit gewährt.
Von Stephan Ozsvath, ARD-Studio Wien
"Weg damit", rufen die Demonstranten und sie meinen die Eilverordnung der Regierung von Ministerpräsident Sorin Grindeanu, die korrupte Politiker vor der Justiz schützen soll. Zehntausende sind auch gestern wieder auf die Straße gegangen: in Bukarest, in Timisoara, in Cluj, in Constanta und in Iasi.
Es sei eine Willkür-Verordnung, heimtückisch bei Nacht und Nebel verabschiedet, die ihn zum Protest auf die Straße treibe, erklärt ein Mann. Eine Eilverordnung, die Korrupten und Straftätern im Parlament nütze. "Wir sind hier, weil wir uns ein zivilisiertes Land wünschen, ein modernes und demokratisches Land, in dem unsere Wünsche von der Regierung gehört werden", sagt der Rumäne.
Kritik im In- und Ausland
Kritik kommt selbst aus den Regierungsreihen: Der parteilose Handelsminister und einzelne Lokalpolitiker der regierenden Sozialdemokraten PSD waren gestern aus Protest zurückgetreten. Kritik kam auch aus dem Ausland, aus Berlin und Brüssel, und sämtliche Justizorgane in Rumänien bemängeln die Verordnungen, die die Anti-Korruptionsgesetze lockern.
Cristian Tudor Popescu, einer der bekanntesten politischen Kommentatoren Rumäniens, spricht von einer offenen Kriegserklärung der Politik an die Justiz. Die Korruptionsfälle Dragneas und anderer seien angesichts dessen nur Kleinkram.
Die Regierung Grindeanu hat am Parlament vorbei entschieden, dass es eine Amnestie für inhaftierte Straftäter geben soll, die wegen Amtsmissbrauch und Korruption verurteilt wurden. Das betrifft etwa 2500 Personen, darunter auch viele Sozialdemokraten. Amtsmissbrauch soll künftig auch nur noch dann mit Gefängnis bestraft werden, wenn der Schaden größer als 50.000 Euro ist.
Schützt das neue Gesetz Partei-Chef Dragnea?
Das wirkt wie maßgeschneidert auf den Partei-Chef der Sozialdemokraten, Liviu Dragnea, gegen den ein entsprechendes Korruptionsverfahren läuft. Er sagt zu den Protesten: "Wir hatten nie vor, etwas gegen Korruptionsbekämpfung zu unternehmen." Er glaube nicht, dass die Regierung Gesetze oder gar die Verfassung verletzt habe und hoffe, dass sich die Menschen besser informierten.
Der Hohe Justizrat und der Staatspräsident sehen das anders. Sie reichten Klage beim Verfassungsgericht ein. "Meiner Meinung nach und nach der meiner Juristen handelt es sich hier ganz offensichtlich um einen Konflikt verfassungsrechtlicher Art zwischen Regierung einerseits und Justiz sowie Parlament andererseits" sagte Präsident Klaus Iohannis.
1000 Amtsträger unter Korruptionsverdacht
Die Justiz in Rumänien geht seit 2013 scharf gegen Korruption vor, pro Jahr ermittelt die Antikorruptionsabteilung der Staatsanwaltschaft, kurz DNA, gegen etwa 1000 Amtsträger und schreckt auch vor Prominenten nicht zurück. So musste Ex-Premier Adrian Nastase ins Gefängnis. Seit Jahren kämpfen die rumänischen Sozialdemokraten gegen die Justiz. Bisher vergeblich. Auch gegen den sozialdemokratischen Ex-Premier Victor Ponta läuft ein Korruptionsverfahren.
Proteste in Rumänien gehen weiter
S. Ozsváth, ARD Wien
03.02.2017 13:05 Uhr