
Corona-Krise in Großbritannien Die Premier League wagt den Restart
Stand: 17.06.2020 11:59 Uhr
Wochen nach der Bundesliga nimmt die Premier League ihren Spielbetrieb wieder auf. Auch in England bleiben die Zuschauerränge leer. Für den Meisterschaftsfavoriten ist das das kleinere Übel.
Von Jens-Peter Marquardt, ARD-Studio London
Sie könne dieses Wochenende gar nicht erwarten, sagt Liverpool-Fan-Vertreterin Lizzy Doyle. Das erste Spiel für ihr Team nach dem Lockdown, und gleich auch noch das Lokalderby gegen Everton. Doyle würde natürlich am liebsten ins Stadion. Doch daraus wird nichts.
Genauso wie in der Bundesliga finden die Premier League-Spiele ohne Zuschauer im Stadion statt. Fan Lizzy wird den - wahrscheinlichen - ersten englischen Meistertitel für Liverpool seit 30 Jahren zu Hause vor dem Fernseher mit ihrem Bruder und ihrem Vater feiern.
Titel ohne Schönheitsfleck möglich
Wenn der Tabellen-Zweite Manchester City heute Abend gegen Arsenal verliert, kann Liverpool schon am Sonntag mit einem Sieg gegen Everton Meister werden. Dass die Elf von Jürgen Klopp die Trophäe holt, daran besteht kein Zweifel: Liverpool hat 25 Punkte Vorsprung vor City. Da kann nichts mehr schief gehen.
Die größte Sorge der Liverpool-Fans im Corona-Lockdown war deshalb, dass die Saison abgebrochen wird und keine Mannschaft zum Meister erklärt wird. Diese Sorge ist nun ausgeräumt, und es kommt auch nicht zum Schönheitsfleck auf diesem Titel, wenn Liverpool zum Meister erklärt worden wäre, ohne die Saison zu Ende zu spielen.
Klopp kann seine Mannschaft also regulär zum Titel führen. Er sagt, er sei wirklich glücklich, dass es endlich wieder los gehe und sein wunderbares Team wieder Fußball spielen könne.
Parade soll nachgeholt werden
Natürlich wird bei Heimspielen die Atmosphäre im Anfield-Stadion fehlen, die Klopps Team bisher so weit getragen hat. Der Trainer will deshalb, dass seine Spieler auf dem Platz ihre eigene Atmosphäre kreieren und lebhaft agieren.
Noch sei Liverpool nicht englischer Meister, wehrt der Trainer alle vorzeitigen Gratulanten ab. Wenn sie es schaffen, dann wird in der Tat erst einmal nur in kleiner Runde gefeiert. Doch irgendwann werde es auch eine Parade durch Liverpool geben, verspricht Klopp - wann auch immer.
Vereine unter Druck
Die Premier League startet vor allem deshalb später als die Bundesliga in den Rest der Saison, weil die Infektionsrate und die Zahl der Corona-Toten in England viel höher sind als in Deutschland.
Der drohende Ausfall der Fernseheinnahmen setzte die Vereine aber unter Druck, trotz aller Bedenken wieder zu spielen. Sie können dabei immerhin von den Erfahrungen der Bundesliga profitieren.
Kein Körperkontakt beim Torjubel
Die Bedingungen, unter denen die englischen Clubs jetzt antreten, sind ganz ähnlich. Die Mannschaften sollen zu Auswärtsspielen nach Möglichkeit fliegen und auf Hotels verzichten, ins Stadion geht es dann in drei Bussen statt einem. Es gibt eine größere Zahl von Umkleidekabinen, für Spieler und sonstiges Personal gibt es eine Art Reisepass, der einen negativen Corona-Test innerhalb der vergangenen fünf Tage nachweist und den Zugang zum Stadion öffnet.
Kein Händeschütteln, kein Spucken, kein Körperkontakt beim Torjubel und kein Trikottausch. Aber auf vielen Trikots werden an diesem Spieltag die Worte "Black Lives Matter" stehen. Die Premier League erlaubt ausnahmsweise eine politische Botschaft nach dem Tod des Schwarzen George Floyd in den Vereinigten Staaten.
Restart der englischen Premier League
Jens-Peter Marquardt, ARD London
17.06.2020 10:59 Uhr
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