Zeremonie auf der Westerplatte bei Danzig Polens Regierungschef warnt vor dem Vergessen

Stand: 01.09.2009 15:05 Uhr

Bei einer Ansprache zum Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs hat Polens Regierungschef Tusk vor Geschichtsverfälschung gewarnt. Am Nachmittag wird auch Kanzlerin Merkel zu der Feier bei Danzig erwartet. Im ARD-Morgenmagazin hatte sie das freundschaftliche Verhältnis zu Polen betont.

In Polen haben am frühen Morgen die Gedenkfeierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs begonnen. An der eindrucksvollen Gedenkveranstaltung am Ehrenmal auf der Westerplatte bei Danzig nahmen auch Kriegsveteranen teil. Am Nachmittag werden Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Ministerpräsident Wladimir Putin in Danzig erwartet.

Der Beschuss der Westerplatte durch das deutsche Schiff "Schleswig-Holstein" am 1. September 1939 gilt als der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Doch bereits fünf Minuten vorher hatten deutsche Kampfflugzeuge, die polnische Stadt Wielun bombardiert. Insgesamt starben bis zum Kriegsende 1945 rund 50 Millionen Menschen.

Merkel betont Freundschaft

Vor ihrer Abreise nach Polen hob Kanzlerin Merkel im ARD-Morgenmagazin das freundschaftliche Verhältnis zu Polen hervor. Der deutsch-polnische Jugendaustausch, Regierungskonsultationen und weitere Aktivitäten hätten "zu einer Vertrauensbildung" geführt "nach den zum Teil auch schwierigen Zeiten" in der Vergangenheit, so Merkel.

Sirenengeheul um 4.45 Uhr

Minutenlanges Sirenengeheul bildete den Auftakt der Feier, die um 4.45 Uhr begann, dem Zeitpunkt, als vor 70 Jahren die ersten Schüsse fielen. Der polnische Präsident Lech Kaczynski würdigte "alle Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg gegen Nazi-Deutschland und den bolschewistischen Totalitarismus gekämpft haben".

Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges an der Westerplatte

Am Ehrenmal der Westerplatte bei Danzig begannen in der Nacht die Gedenkfeiern.

Er erinnerte daran, dass die polnischen Soldaten den deutschen Angreifern noch Widerstand leisteten, als die Rote Armee am 17. September 1939 in Ostpolen einmarschierte. An diesem Tag habe "das bolschewistische Russland" den Polen "einen Messerstich in den Rücken" versetzt, sagte Kaczynski und verwies auf den Hitler-Stalin- Pakt als Ursache dieser Aggression. Diesen hatte Russlands Regierungschef Wladimir Putin, der am Nachmittag bei Danzig erwartet wird, bereits im Vorwege der Feierlichkeiten als "unmoralisch" verurteilt. Der im August 1939 unterzeichnete Pakt könne "mit Fug und Recht" verurteilt werden, schrieb Putin in einem Gastbeitrag für die polnische Zeitung "Gazeta Wyborcza". Zugleich kritisierte er die damalige Appeasement-Politik des Westens.

Zwischen Moskau und Warschau hatte es in jüngster Zeit heftige Dispute über den Zweiten Weltkrieg und vor allem den Hitler-Stalin-Pakt gegeben.

Tusk warnt vor Geschichtsverfälschung

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk versicherte in seiner Rede am Ehrenmal, sein Land wolle das Gedenken nicht gegen andere verwenden und warnte davor, Geschichte zu vergessen oder zu verfälschen. "Ohne aufrichtiges Gedenken werden weder Europa noch Polen oder die Welt jemals in Sicherheit leben können", sagte er.

Polens Ministerpräsident Tusk bei der Gedenkfeier an der Westerplatte

Am 1. September jährt sich der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum 70. Mal. Mit minutenlangem Sirenengeheul beginnt um 4 Uhr 45 der Gedenktag. Ministerpräsident Tusk spricht am Ehrenmal an der Westerplatte bei der Gedenkfeier für die Opfer des Zweiten Weltkrieges.

Tusk unterzeichnete die Gründungsurkunde für das geplante Museum des Zweiten Weltkrieges, das bis 2014 in Danzig entstehen soll. Die Einrichtung will die Kriegserfahrungen aller beteiligten Nationen berücksichtigen. Im Programmrat sind auch deutsche und russische Historiker vertreten.