Nelson Mandela

"Paradise Papers" Mandelas mysteriöse Millionen

Stand: 16.11.2017 08:33 Uhr

Südafrikas Ex-Präsident Mandela versteckte Millionen im Ausland. Nach seinem Tod ist ein Streit um das Geld entbrannt. Ein Berater behauptet: Es soll einem Trust gehören, von dem auch Margot Honecker profitiert haben soll.

Von Markus Sehl und Jan Lukas Strozyk, NDR

Im Zuge der "Paradise Papers" ist offenbar ein Geldversteck öffentlich geworden, das dem 2013 verstorbenen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela zuzurechnen ist. Es handelt sich dabei um den sogenannten MAD-Trust.

Das geht aus Unterlagen hervor, die der ICIJ-Medienpartner Financial Mail aus Südafrika gemeinsam mit NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" auswerten konnte. Ein Teil der Unterlagen stammt aus Gerichtsprozessen, auch in den "Paradise Papers" tauchen Hinweise auf den MAD-Trust auf.

Ein Trust ist ein juristisches Konstrukt, vergleichbar mit einer Stiftung: Ein Stifter - in dem Fall offenbar Mandela - gibt Geld hinein, das ihm dann nicht mehr wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach vorher festgelegten Regeln wird das Geld wieder an Begünstigte ausgezahlt. Trusts gelten unter Fahndern und Experten als beliebtes Mittel, um zum Beispiel Schenkungs- und Erbschaftssteuer zu vermeiden und Geldflüsse zu verschleiern.

Herkunft des Geldes ist nicht bekannt

Der MAD-Trust wurde demnach bereits im Januar 1995 auf der Isle of Man gegründet. Allerdings ist unklar, ob die Gründung jemals wirksam war. Kontoeröffnungsunterlagen belegen, dass zudem bereits 1994 ein Bankkonto auf den Namen des vermeintlichen Trusts angemeldet worden ist, mehrere Monate vor der Unterschrift auf den Gründungsunterlagen. Demnach sollen rund 2,4 Millionen britische Pfund eingezahlt worden sein. Als Stifter des Trusts führt die Bank Nelson Mandela und seine Frau auf. Die Herkunft des Geldes ist der Bank unbekannt.

Im Jahr 2003 prüfte die Beraterkanzlei Deloitte die Finanzangelegenheiten von Mandela. Bereits damals äußerten die Prüfer Zweifel daran, ob das Geld wirklich einem Trust oder Mandela persönlich zuzurechnen sei. Handschriftlich notiert ein Deloitte-Mitarbeiter auf einem Kontoauszug: "Der Besitzer dieses Kontos ist Mr. N.R. Mandela. Es gibt keinen MAD-Trust als solchen, es wird nur der Name verwendet." Der Kontostand betrug damals noch gut zwei Millionen Euro. Das Geld wurde deklariert als Einkünfte aus Spendenzahlungen aus dem Ausland.

Logo der Beraterkanzlei Deloitte

Im Jahr 2003 prüfte die Beraterkanzlei Deloitte die Finanzangelegenheiten von Mandela.

Mandela selbst schrieb damals seinem Finanzberater, mit dem er im Streit auseinander ging, dass das Geld des MAD-Trusts dem ANC zuzurechnen sei. Der ANC, kurz für African National Congress, war die politische Partei, die Mandela damals anführte. Ob das stimmt, lässt sich anhand der Dokumente nicht nachvollziehen.

Von London nach Südafrika

Im Jahr 2004 holte Mandela das Geld von der Londoner Filiale der Bank zurück nach Südafrika. Eine Amnestie-Regelung erlaubte es damals, dass Südafrikaner nicht deklarierte Konten im Ausland nachmelden konnten, ohne eine Strafe zu fürchten. Zu Zeiten der Apartheid hatten viele Südafrikaner Gelder im Ausland vor der Regierung versteckt.

Auch Mandela machte sich so ehrlich gegenüber den Finanzbehörden des Landes, in dem er selbst von 1994 bis 1999 Präsident gewesen ist. Das Geld wurde in Südafrika ausweislich der Unterlagen weiter als Guthaben des MAD-Trusts geführt.

Als Nelson Mandela im Jahr 2013 starb, entbrannte ein Streit um den Trust. Der Nachlassverwalter beanspruchte das Geld für die Erben, Mandelas ehemaliger Finanzverwalter widersprach dieser Auffassung. Im November 2015 entschied ein Gericht, dass das Geld aus dem Trust dem Privatvermögen von Mandela zuzurechnen sei.

Die "Paradise Papers"

Mehr als ein Jahr haben 381 Journalistinnen und Journalisten von 96 Medienpartnern aus 67 Ländern den Datensatz der sogenannten "Paradise Papers" ausgewertet. Darin haben sie zahlreiche Geschichten entdeckt. Die Daten waren der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt worden. Die Koordination der Recherche übernahm das Internationale Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ). Insgesamt umfassen die "Paradise Papers" rund 13,4 Millionen einzelne Dateien.

Erfolglose Suche nach verschwundenen Geldern

Damit fielen die noch etwas mehr als eine Million Euro den Erben Mandelas zu. Was mit dem übrigen Geld passierte, ist bis heute unklar. Bereits 2013, nach Mandelas Tod, eröffnete eine hohe Ermittlungseinheit in Südafrika eine Untersuchung, mit der Mandelas verschwundene Gelder gefunden werden sollten - bislang ohne Ergebnisse.

Der ehemalige Finanzverwalter von Mandela beharrt trotz des Urteils auf seiner Version der Geschichte, auch im Gespräch mit dem ICIJ-Medienpartner Financial Mail aus Südafrika. Demnach habe er den Trust damals auf der Isle of Man angelegt, damit Mandela darüber Freunden und Mitstreitern im Ausland Geld zukommen lassen konnte. Auch seine Familie habe Mandela mit Zahlungen bedacht.

Margot Honecker in Chile

Auch Margot Honecker soll Gelder erhalten haben.

Belegen lassen sich diese Zahlungen nicht. Der Finanzverwalter gibt an, dass auch die Witwe von Erich Honecker, dem ehemaligen Generalsekretär der SED in der DDR, Gelder erhalten haben soll, als sie bereits in Chile lebte. Dort lebte Margot Honecker nach der Wiedervereinigung bis zu ihrem Tod im Mai 2016.

Mandela setzte sich für Honecker ein

Schriftlich dokumentiert sind diese Zuwendungen in den Unterlagen nicht. Nach Aussage des Finanzverwalters soll es sich um eine niedrige Summe - weniger als 15.000 Euro - gehandelt haben, die Honecker einmalig zugeflossen ist.

Die Widerstandsbewegung in Südafrika, die Mandela anführte, pflegte gute Kontakte in die ehemalige DDR. In Mecklenburg ließen sich Kämpfer der ANC ausbilden, die DDR-Propaganda instrumentalisierte Mandelas Gefangenschaft mit Plakaten für ihre Sache.

Auch nach dem Ende der Apartheid und nach der Wiedervereinigung blieb diese Verbindung offenbar bestehen: In einem Interview mit dem "Kölner Stadtanzeiger" aus dem Jahr 2000 sagte Mandela, er wolle die Deutschen an Margot Honecker erinnern, "die heute in Chile lebt, wie ich höre, in ärmlichen Verhältnissen. Ich will mich jetzt nicht über Taktlosigkeiten auslassen, aber: Honecker war immerhin ein Staatschef und Margot Honecker die First Lady. Und ich weiß nicht, ob das den Entscheidungsträgern in Deutschland noch bewusst ist."  Die Familie von Margot Honecker war für eine Anfrage nicht zu erreichen.