Hintergrund

Möglichkeiten des Kirchenrechts Wenn Päpste zurücktreten

Stand: 05.02.2009 17:46 Uhr

Auch wenn die Forderungen nach einem Papstrücktritt eher polemisch sind - möglich wäre die Demission schon: Dazu müsste er sich nur entsprechend äußern. Und er wäre nicht der erste Papst a.D.

Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom

Natürlich ist die momentan immer wieder auftauchende Frage nach einem Papstrücktritt reine Stimmungsmache, die auch von den Medien geschürt wird. Der Papst ist schließlich nicht irgendein Konzernchef, der wegen Kritik an seinem Unternehmen zurücktritt.

Trotzdem: Rein theoretisch ist es möglich, dass ein Papst auf sein Amt verzichtet. "Ein Papst kann zurücktreten, das hängt nur von seinem freien Willen ab", sagt Pater Eberhard von Gemmingen, Leiter der deutschen Abteilung von Radio Vatikan. "Es muss nur eins klar sein, dass er nicht dazu gezwungen wird und dass er das wirklich will, also er darf nicht unter Zwang sein und seine Entscheidung muss wirklich klar sein."

Vorgesehen ist das im Kirchenrecht, ganz genau im Kanon 332, Absatz Zwei. Dort heißt es wörtlich: "Zur Gültigkeit ist erlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird." Das heißt: Der Papst könnte beispielsweise bei einem Fernsehauftritt seinen Rücktritt verkünden und dieser wäre sofort gültig.

Spekulationen auch bei Johannes Paul II.

Über den Amtsverzicht eines Papstes wurde zuletzt kurz vor dem Tod von Johannes Paul II. spekuliert. Die damalige Nummer zwei im Vatikan, Kardinal Angelo Sodano, hatte das Thema in einem Interview angesprochen. Damals gab es auch Gerüchte, der Papst habe seine Rücktrittserklärung schon unterschrieben - es fehle nur noch das Datum, das eingefügt werde, falls der Papst ins Koma fallen sollte.

Die Frage drehte sich damals vor allem darum, Schaden von der Kirche abzuwenden, damit diese in so einem Fall nicht handlungsunfähig wird. Denn dafür gibt es keine Regelung. Im Kirchenrecht ist lediglich und recht vage von einer "Behinderung" des römischen Bischofsstuhls die Rede. Unklar ist aber, was damit genau gemeint ist und wer diese feststellen soll.

Pater Angelo Urro, Dozent für kanonisches Recht an der Universität San Tommaso in Rom, sprach 2005 übrigens noch ein anderes Problem an, dass im Fall eines Papstrücktritts entstehen könnte: Ein zurückgetretener Papst würde sich in einer Situation befinden, die für die Gläubigen völlig neu ist. Nämlich in einer Situation in der es, neben dem aktuellen noch einen Ex-Papst gäbe.

Was macht der Ex-Papst?

Aus dieser Situation könnten sich praktische Probleme ergeben: dass sich Gläubige beispielsweise an den ehemaligen Papst wenden, wenn sie mit dem Kurs des neuen Papstes nicht einverstanden sind. So etwas könnte für die Einheit der Kirche gefährlich sein. Die meisten Kirchenexperten gehen davon aus, dass sich ein zurückgetretener Papst dann in ein Kloster zurückzöge. Denn wenn er noch nicht 80 Jahre alt ist, hätte er sogar noch die Möglichkeit, an dem nach seinem Rücktritt stattfindenden Konklave teilzunehmen und so die Wahl seines Nachfolgers mit zu beeinflussen.

Papstrücktritte gab es übrigens schon mehrere. Der bekannteste ist Papst Coelestin V. Er fühlte sich offenbar überfordert, gab am 13. Dezember 1294 sein Amt auf und wurde Einsiedlermönch. Papst Pontianus, der im Rahmen der Christenverfolgung zur Arbeit in die Bergwerke Sardiniens verbannt wurde, erklärte seinen Amtsverzicht wohl unter Zwang im Jahre 235, Papst Silverius trat ebenfalls in Gefangenschaft im Jahre 537 zurück.

Auch von aktuellen Päpsten sind Rücktrittsgedanken bekannt. Pius XII, soll angeblich über einen Rücktritt nachgedacht haben, für den Fall, dass ihn das NS-Regime aus Rom entführt. Denn dann hätten die Nazis nur den Kardinal Pacelli in ihrer Gewalt gehabt.

Übrigens hat Josef Ratzinger das Thema ebenfalls schon einmal angesprochen: Er sagte 2002 im Zusammenhang mit der Krankheit seines damaligen Chefs: Wenn der Papst meinte, dass er es nicht mehr schaffe, träte er zurück. Was den Schluss nahelegt, dass Ratzinger als Papst Benedikt für so einen Fall vorgesorgt hat.