Papst-Äußerungen zur Ndrangheta "Franziskus entlarvt Lüge der Mafia"

Stand: 22.06.2014 16:50 Uhr

Es war die schwerste Kirchenstrafe, die der Papst gestern gegen die Mafia in Kalabrien verhängte: Er exkommunizierte ihre Mitglieder. Dies stieß auf eine breite Resonanz in Italien. Anti-Mafia-Autor Saviano sagte, der Papst entlarve die Lügen der Mafia.

Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom

Die Worte des Papstes gegen die Mafia sind in Italien auf breite Resonanz gestoßen. Ministerpräsident Matteo Renzi sprach von einer "starken und unmissverständlichen Botschaft". Nun sei es an allen Menschen guten Willens, sich nicht der Kultur der Illegalität zu beugen.

Der Besuch des Papstes in Kalabrien stand ganz im Zeichen des kirchlichen Kampfes gegen die organisierte Kriminalität, die  Ndrangheta, die von Kalabrien aus operiert. In seiner Predigt hatte Papst Franziskus die Machenschaften der Mafia als unvereinbar mit dem christlichen Glauben verurteilt. Die Ndrangheta habe die Verehrung Gottes durch die Verehrung des Geldes ersetzt. Die Mafia sei nichts anderes als die "Anbetung des Bösen und Verachtung des Gemeinwesens": "Diejenigen, die in ihrem Leben die Straße des Bösen einschlagen, wie die Mafiosi, sind nicht in Gemeinschaft mit Gott. Sie sind exkommuniziert", sagte der Papst.

Die Exkommunikation ist die schwerste Kirchenstrafe. Sie schließt den Exkommunizierten vom Empfang der Sakramente aus. Die Religion spielt im Leben der Ndrangheta eine wichtige Rolle. In vielen Ortschaften gibt es eine enge Verbindung zwischen der Kirchengemeinde und den Clans. Priester werden von Mafiosi als Zeremonienmeister missbraucht. Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano sagt, die Predigt des Papstes in Kalabrien entlarve die Lüge der Mafia, die sich selbst als "ehrenwerte Gesellschaft" zelebriere, die die Armen und Schwachen verteidige. Jetzt müsse die Kirche konsequent sein und dürfe keine Spenden der Mafiosi annehmen. Priester, die allzu nah an der organisierten Kriminalität seien,  müssten abgesetzt werden.

Symbolstarker Auftritt im Gefängnis

Symbolträchtig war auch der Besuch des Papstes in einem Gefängnis in Kalabrien. Franziskus traf dort die Angehörigen eines kleinen Jungen, der im Januar Opfer einer Fehde zwischen rivalisierenden Clans geworden war. Für Staatsanwalt Nicola Gratteri, der in Reggio Calabria gegen die Ndrangheta ermittelt, ist dies ein starkes Zeichen: "Zum ersten Mal erleben wir einen Papst in Kalabrien, der das Wort Ndrangheta in den Mund nimmt. Es war gut, dass er in das Gefängnis gegangen ist. Denn dieser unschuldige Junge ist für uns ein Symbol für die Gewaltbereitschaft der Mafia, die sogar die Kinder tötet."

Auch Benedikt XVI. und Johannes Paul II., die Vorgänger dieses Papstes, verurteilten unmissverständlich die Mafia. Papst Johannes Paul II. hatte 1993 bei einem Besuch in Sizilien den Mafiosi zugerufen: "Bekehrt Euch, das Urteil Gottes wird kommen!" Die Mafia verstand diese Worte als Kampfansage der Kirche. Im Jahr darauf wurden zwei Priester, die sich im Kampf gegen die organisierte Kriminalität engagierten, ermordet.