
Blutbad auf dem Golan Soldat verteidigt österreichische Blauhelme
Stand: 29.04.2018 12:50 Uhr
Neun Syrer waren 2012 auf dem Golan in einen Hinterhalt geraten und erschossen worden. Österreichische UN-Soldaten hatten sie nicht gewarnt. Nun verteidigt ein ehemaliger Bundesheer-Soldat seine Kollegen.
Im Fall der neun Syrer, die im September 2012 offenbar von österreichischen Blauhelmen am Golan nicht vor einem tödlichen Hinterhalt gewarnt wurden, hat sich ein ehemaliger Bundesheer-Soldat schützend vor seine Kollegen gestellt. "Der Befehl lautete: nicht einmischen", sagte der Mann den "Salzburger Nachrichten". Wenn sie die Syrer gewarnt hätten, wären sie selbst "auf der Abschussliste der Bewaffneten" gelandet. Deshalb hätten die Soldaten zu "100 Prozent korrekt gemäß unserem Auftrag gehandelt". Der entscheidende Befehl dazu soll über Funk vom Kommandanten der Kompanie gekommen sein.
"Sie haben zu 100 Prozent korrekt gemäß unserem Auftrag gehandelt", sagte der Soldat der Zeitung, der selbst ein Jahr am Golan im Einsatz war und die auf der Videoaufnahme zu hörenden Soldaten erkannt hat. "Die Österreicher hatten keine kugelsicheren Westen und jeder 30 Schuss Munition. Wir waren nicht dort, um zu kämpfen und auch nicht, um uns in den innersyrischen Konflikt einzumischen", erklärte der Soldat. Er war bei dem Einsatz im September 2012 nicht dabei, gehörte aber jener 50-köpfigen Kompanie an, die nun ins Zwielicht geraten ist.
"Jetzt geht es gleich los"
Als erstes hatte die österreichische Wochenzeitschrift "Falter" über den Fall berichtet und das Video dazu veröffentlicht. Zunächst ist auf den Aufnahmen zu sehen, wie syrische Schmuggler einen Hinterhalt aufbauen. Die UN-Soldaten, die nur zu hören und nicht zu sehen sind, scheinen den Vorfall im September 2012 selbst gefilmt zu haben. Eine Stunde später filmen sie dann einen weißen Geländewagen, der in den Hinterhalt gerät. Vorher passiert der Wagen scheinbar einen österreichischen Wachposten - ohne, dass die Männer im Auto gewarnt werden. "Normalerweise musst du das dem Hund sagen", ist auf dem Video zu hören. "Jetzt geht es gleich los", sagt einer - kurz bevor die Männer im Auto unter Beschuss geraten. Neun Menschen sterben.
Die Blauhelme besprechen im Video auch, ob sie die Syrer nicht hätten warnen sollen. Begründung: "Wenn da einer überbleibt, kommt er rüber und schießt uns ab", ist ein Mann zu hören. Nach dem von den Soldaten bezeichneten "Himmelfahrtskommando" diskutieren die Blauhelme darüber, ob es noch Sinn hat, einen Krankenwagen zu schicken.
Eine Meldung über den Vorfall wurde damals auch an die UN in New York geschickt. Das bestätigte ein UN-Sprecher.
Vorwürfe gegen UN-Soldaten aus Österreich
tagesschau 20:00 Uhr, 28.04.2018, Michael Mandlik, ARD Wien
Untersuchungskommission eingesetzt
Das Verteidigungsministerium in Wien hat eine Untersuchungskommission eingesetzt. "Die Vorfälle werden lückenlos und minutiös aufgeklärt werden", sagte Verteidigungsminister Mario Kunasek. Der Zwischenfall sei "in dieser Dimension" erst durch die dem "Falter" zugespielten Fotos und Videos bekannt geworden, hieß es in einer Stellungnahme.
Der Sprecher des österreichischen Verteidigungsministeriums zum Golan-Fall, Michael Bauer, sagte der Nachrichtenagentur dpa, er sei zwar kein Video-Experte, habe aber "keine Zweifel" an der Echtheit der Aufnahmen
Die Frage ist, ob die Soldaten wegen des UN-Mandats zur Untätigkeit verpflichtet gewesen seien oder ob sie die Männer im Auto hätten warnen müssen.
Eine multinationale UN-Truppe auf den Golanhöhen überwacht seit 1974 die Einhaltung des Waffenstillstandes zwischen Syrien und Israel. Österreich beendete 2013 seinen UN-Einsatz nach 39 Jahren - kurz nach dem Vorfall auf dem Video.
Blutbad am Golan - Österreich untersucht Rolle seiner Blauhelme
Srdjan Govedarica, ARD Wien
29.04.2018 12:07 Uhr
Video
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