Bericht über angebliche Spähaktion EU-Politiker empört über NSA

Stand: 30.06.2013 04:30 Uhr

Führende EU-Politiker haben empört auf Berichte reagiert, wonach der US-Geheimdienst NSA gezielt die Europäische Union ausgespäht haben soll. Luxemburgs Außenminister Asselborn forderte eine Garantie, dass dies aufhöre.

EU-Politiker haben mutmaßliche Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA bei Einrichtungen der Europäischen Union heftig kritisiert. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, forderte im Gespräch mit "Spiegel Online" genauere Informationen. "Aber wenn das stimmt, ist es ein Riesenskandal", sagte Schulz. Dies bedeute eine große Belastung für die Beziehungen der EU und der USA. "Wir verlangen jetzt umfassende Aufklärung."

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn bezeichnete die Berichte - sofern sie wahr seien - als abscheulich und sprach von einem Vertrauensbruch. "Alles wird von den USA damit begründet, man bekämpfe den Terrorismus. Aber die EU und ihre Diplomaten sind keine Terroristen. Die USA sollten lieber ihre Geheimdienste überwachen statt ihre Verbündeten. Wir müssen jetzt von allerhöchster Stelle eine Garantie bekommen, dass das sofort aufhört."

Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europaparlaments sagte "Spiegel Online", das Ausspionieren habe "Dimensionen angenommen, die ich von einem demokratischen Staat nicht für möglich gehalten habe". Die USA hätten ein Sicherheitssyndrom und keine Verhältnismäßigkeit mehr.

Der "Spiegel" hatte zuvor vorab aus seiner neuesten Ausgabe berichtet, dass der NSA gezielt Einrichtungen der EU ausspioniere. Aus einem als streng geheim eingestuften Papier der NSA vom September 2010 gehe hervor, wie der Geheimdienst Wanzen im Gebäude der EU-Vertretung in Washington installiert und auch das interne Computernetz infiltriert habe.

Auf die gleiche Art und Weise sei auch die EU-Vertretung bei den Vereinten Nationen attackiert worden, berichtete das Magazin unter Berufung auf die Unterlagen, die der frühere Geheimdienst-Mitarbeiter Edward Snowden mitgenommen habe.

Grünen-Fraktionschef fordert Datenschutzabkommen

Der Datenschutzexperte der Grünen im Europaparlament, Jan Philipp Albrecht, äußerte sich in der tagesschau besorgt: Träfe der Bericht über die Lauschangriffe zu, "ist das ein klarer Beleg dafür, dass der Rechtsstaat hier auf der Kippe steht. Eine Art Kernschmelze des Rechtsstaats beginnt."

Der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, forderte als Konsequenz die Unterbrechung der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA. "Wir brauchen erstmal ein Datenschutzabkommen, damit so etwas nie wieder vorkommt." Erst dann könnten die Gespräche wieder aufgenommen werden.

W. Landmesser, WDR Brüssel, 30.06.2013 10:03 Uhr

Gabriel: Freiheits- und Persönlichkeitsrechte sichern

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel pocht auf mehr politische Kontrolle in diesem Bereich. "Die Politik muss Regeln schaffen, um grundlegende Freiheits- und Persönlichkeitsrechte zu sichern", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Gegen Staaten, aber auch gegenüber den wirtschaftlichen Datengiganten", ergänzte er mit Blick auf Unternehmen wie Google oder Amazon. Weder Staaten noch Unternehmen hätten das Recht, den gläsernen Menschen zu produzieren.

Snowden, der von den US-Behörden wegen Spionage per Haftbefehl gesucht wird, hatte vor einigen Wochen groß angelegte Ausspähprogramme des US- und des britischen Geheimdienstes öffentlich gemacht. Der 30-jährige IT-Spezialist soll sich im Transitbereich eines Moskauer Flughafens aufhalten, wo er auf die Prüfung seines Asylgesuchs in Ecuador wartet. Die USA verlangen Snowdens Auslieferung. Die russische Regierung lehnt dies weiter ab.