Das nordirische Parlament

Nordirland Neuwahlen mitten im Brexit-Streit

Stand: 23.01.2017 17:23 Uhr

Mit dem Ärger um ein misslungenes Förderprogramm für erneuerbare Energien fing alles an. Nach und nach schaukelte sich der Streit in Nordirland zur Regierungskrise hoch. Nun müssen die Nordiren mitten in den Brexit-Wirren ein neues Parlament wählen.

Nein, ihre Partei werde niemanden für den Posten des stellvertretenden Ministerpräsidenten nominieren, sagte Gesundheitsministerin Michelle O’Neill von der irisch-katholischen Sinn Fein im nordirischen Regionalparlament - damit war die Entscheidung gefallen.

Das Regierungsbündnis in Belfast war zerbrochen, dem zuständigen Nordirland-Minister der gesamtbritischen Regierung in London, James Brokenshire, blieb nichts anders übrig, als Neuwahlen auszurufen. Denn die Regierung in Nordirland muss stets aus Vertretern der Protestanten und der Katholiken bestehen. "Unter diesen Umständen werde ich Neuwahlen für den 2. März auf den Weg geben und das Parlament zum 26. Januar auflösen", so Brokenshire.

Gemeinsame Regierung aus Katholiken und Protestanten

Niemand sollte die Herausforderung für die politischen Institutionen unterschätzen, fügte Brokenshire hinzu. "Ich ermutige alle politischen Seiten dringend, das Wohl der nordirischen Zukunft im Blick zu haben und nach der Wahl so bald wie möglich wieder eine partnerschaftliche Regierung zu bilden."

Das Karfreitagsabkommen von 1998 sieht vor, dass die ehemals verfeindeten Lager des Nordirland-Konflikts eine gemeinsame Regierung bilden. Diese von den USA vermittelte Einigung hatte zum Ziel, den jahrzehntelangen blutigen Aufstand der katholischen Nationalisten der IRA zu beenden. Die Regierung in London stehe weiterhin zu diesem Abkommen, betonte Brokenshire.

Streit über Fördergelder

Entzündet hatte sich der Streit an einem Förderprogramm für erneuerbare Energien. Mehrere hundert Millionen Pfund sollen dabei unnütz ausgegeben worden sein. Ob das tatsächlich so ist, soll eine unabhängige Untersuchung klären. Die mitregierende Sinn Fein hatte gefordert, dass Regierungschefin Arlene Foster von der Democratic Unionist Party (DUP) zumindest vorübergehend ihr Amt ruhen lässt. Zu ihrer Zeit als Ministerin war das Programm entstanden.

Die nordirische Politikerin Arlene Foster

Foster warf der Sinn Fein vor, nur acht Monate nach der letzten Wahl aus politischem Kalkül die Auflösung des Parlaments zu veranlassen.

Foster lehnte die Rücktrittsforderung jedoch mehrfach ab. Daraufhin war am vergangenen Montag der bisherige stellvertretende Regierungschef Martin McGuiness von Sinn Fein zurückgetreten. Falsch, fand Foster: "Der einzige Weg, den Dingen auf den Grund zu gehen, ist eine umfassende, transparente Untersuchung. Nur dadurch werden wir die Kosten dieses Programms überprüfen können, nicht durch eine Neuwahl."

Die Sinn Fein rechnet sich Chancen aus, bei einer Neuwahl erstmals stärkste Kraft in Nordirland zu werden und den Posten des Regierungschefs, des First Ministers, zu übernehmen.

Nordirland ist pro EU

Der Zeitpunkt für eine Phase ohne handlungsfähige Regionalregierung in Belfast könnte nicht ungünstiger sein. Bis Ende März will Großbritannien seinen Austritt aus der EU auf den Weg bringen, und die Nordiren haben deswegen große Sorgen. Sie hatten sich mehrheitlich für den Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen. Nordirland zieht großen Nutzen aus den Fördergeldern der EU. Außerdem fürchten manche einen erneuten Ausbruch des Konflikts um die Grenze zwischen Irland und Nordirland.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandradio Kultur am 16. Januar 2017 um 18:18 Uhr