Der Schatten der New Yorker Freiheitsstatue im Abendlicht

Neuer US-Präsident New York hofft auf "Amtrak-Joe"

Stand: 18.11.2020 09:24 Uhr

Die Corona-Pandemie hat New Yorks Wirtschaft in eine tiefe Krise gestürzt - die Stadt ist pleite. Vom amtierenden US-Präsidenten Trump kam bisher keine Hilfe - umso größer sind die Erwartungen an dessen Nachfolger Biden.

Nicht nur am New Yorker Times Square war der Jubel groß, als klar war, dass Joe Biden die Präsidentschaft wohl nicht mehr zu nehmen ist. Auch viele Verantwortliche in Stadt und Bundesstaat atmeten erleichtert auf, künftig nicht mehr mit einem Präsidenten Donald Trump verhandeln zu müssen.

22.000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel

"Trump versucht, New York City zu töten", klagte New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie immer wieder, weil Trump Hilfspakete und Konjunkturprogramme bis zuletzt blockierte. "Das ist was persönliches, ich glaube auch was psychologisches."

Mit dem Sieg von Biden sei nun klar, dass es Hilfe für die Stadt und für den Bundesstaat geben werde, so Cuomo. "Das wird uns helfen, die wirtschaftlichen Probleme New Yorks zu bewältigen. Das ist nur noch eine Frage der Zeit. Wenn Trump gewonnen hätte, dann würden wir tief in der Patsche sitzen."

Die Erwartungen sind groß an den neuen Mann in Washington. Auch beim New Yorker Bürgermeister Bill De Blasio. "Ich freue mich drauf", sagt er. "Wir werden ein sehr sehr offenes Ohr für unsere Probleme haben im Weißen Haus, wenn Joe Biden Präsident ist."

Das können De Blasio und Cuomo auch gut gebrauchen, denn New York ist pleite. Allein der Stadt fehlen neun Milliarden US-Dollar im Haushalt. Wenn nicht schnell Geld in die Kassen kommt, müssen 22.000 städtische Mitarbeiter entlassen werden. Die Arbeitslosenquote ist mit mehr als 14 Prozent doppelt so hoch wie der US-Schnitt.

Ein Mann schwenkt auf dem New Yorke Times Square eine US-Flagge (Archivbild)

Viele New Yorker feierten auf den Straßen, als Bidens Wahlsieg verkündet wurde.

Tourismus und Nahverkehr in der Krise

Das liegt auch daran, dass der Tourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor praktisch weggebrochen ist. "Das hat dramatische Folgen in allen Bereichen", sagt Christopher Heywood von der New Yorker Tourismusbehörde NYC&Company. "Hotels, Restaurants, Touranbieter, aber auch Einzelhändler und der ganze Transportsektor - alle leiden unter dieser andauernden globalen Pandemie." Er rechnet damit, dass es bis 2024 dauern wird, bis der Tourismus - vor allem der internationale - wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht hat.

Auch der ohnehin chronisch unterfinanzierte und entsprechend marode New Yorker Nahverkehr wird Jahre brauchen, um sich zu erholen - und setzt jetzt auf Biden. "Jedes Schulkind in den USA weiß, dass Bidens Spitzname 'Amtrak-Joe' ist", erklärt Patrick Foye, der Chef der New Yorker Verkehrsgesellschaft. "Als US-Senator ist er 37 Jahre mit dem Amtrak-Zug von Wilmington nach Washington gependelt. Er war immer ein großer Unterstützer von öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist sicher positiv." Die Passagierzahlen sind dramatisch eingebrochen. Ohne ein Zwölf-Milliarden-Dollar-Hilfspaket müssen Mitarbeiter entlassen, der Fahrplan ausgedünnt und Investitionen auf Eis gelegt werden.

Patrick Foye, der Chef der New Yorker Verkehrsgesellschaft

Patrick Foye, der Chef der New Yorker Verkehrsgesellschaft, hofft, dass sich Biden für den Nahverkehr einsetzt.

Biden allein kann es nicht richten

Der Wunschzettel aus New York ist lang - dabei ist Biden noch nicht mal im Amt. Und selbst dann könnten viele Hoffnungen enttäuscht werden, sagt Douglas Muzzio von der City University. Denn nach wie vor ist unklar, ob die Demokraten auch eine Mehrheit im US-Senat haben: "Biden wird New York nur richtig helfen können, wenn die Demokraten die beiden Senatoren-Stichwahlen in Georgia gewinnen. Wenn nicht, dann gibt es wieder die Blockade, die wir hatten."

Ambitionierte Konjunkturprogramme wären dann kaum durchsetzbar. Das hat inzwischen auch Gouverneur Cuomo verstanden - und will nun die Legalisierung von Marihuana in seinem Bundesstaat vorantreiben, obwohl er eigentlich immer dagegen war. "Ich glaube, dieses Jahr ist die Zeit reif, weil wir dringend Geld brauchen. Selbst mit Biden und einem Konjunkturprogramm. Wir brauchen die Steuereinnahmen. Ich glaube, wir werden das noch in diesem Jahr umsetzen."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die ARD im Weltspiegel am 23. August 2020 um 19:20 Uhr.