Alexej Nawalny

Nawalny kritisiert Altkanzler "Schröder ist ein Laufbursche Putins"

Stand: 07.10.2020 07:30 Uhr

Der russische Oppositionspolitiker Nawalny hat Altkanzler Schröder heftig kritisiert. In einem Interview nennt Nawalny den Altkanzler "einen Laufburschen Putins". Er fordert Sanktionen gegen Putin-nahe Personen.

Der vergiftete Kremlkritiker Alexej Nawalny hat die Bundesregierung und die Europäische Union aufgefordert, hart gegen Kreml-nahe Oligarchen, Politiker und Unternehmen vorzugehen - wie den Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker Waleri Gergijew. "Sanktionen gegen das ganze Land funktionieren nicht. Das Wichtigste ist, Einreisesperren gegen Profiteure des Regimes zu erlassen und ihr Vermögen einzufrieren", sagte Nawalny der Zeitung "Bild". "Sie veruntreuen Geld, stehlen Milliarden und am Wochenende fliegen sie nach Berlin oder London, kaufen teure Wohnungen und sitzen in Cafés." Gergijew ist ein Unterstützer des autoritären russischen Präsidenten Wladimir Putin und warb für dessen Wiederwahl.

Nawalny kritisierte in diesem Zusammenhang auch Altkanzler Gerhard Schröder. Ihn nannte er einen "Laufburschen Putins". "Gerhard Schröder wird von Putin bezahlt. Aber wenn er jetzt versucht, diesen Giftanschlag zu leugnen, ist das wirklich sehr enttäuschend", sagte Nawalny der Zeitung. Schröder hatte zuletzt gesagt, dass es noch keine "gesicherten Fakten" zum Giftanschlag auf Nawalny gebe. "Er ist immerhin der ehemalige Kanzler des mächtigsten Landes in Europa", sagte Nawalny. "Jetzt ist Schröder ein Laufbursche Putins, der Mörder beschützt".

Schröder leitet den Verwaltungsrat der Nord Stream 2 AG, der Projektgesellschaft für die umstrittene Ostsee-Pipeline, bei der der russische Energiekonzern Gazprom formal einziger Anteilseigner ist. Zudem ist er Aufsichtsratschef des größten russischen Ölkonzerns Rosneft. Kritiker werfen ihm vor, in seiner Position Lobby-Arbeit für den Kreml zu betreiben.

"Ich habe keine Angst"

Ungeachtet der Gefahr, welcher er sich in Russland aussetzt, will er in seine Heimat zurückkehren. "Ich bin ein russischer Politiker, ein russischer Staatsbürger. Ich glaube, dass ich etwas Wichtiges tue und viele Menschen in Russland unterstützen mich." Er müsse das Risiko mit ihnen teilen und mit ihnen zusammen auf der Straße stehen. "Das ist die einzige Möglichkeit, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen."

Angst habe er nicht, so Nawalny weiter. "Ich bin nicht verrückt, ich verstehe die Risiken, aber ich kann sie nunmal nicht kontrollieren." Damit müsse er leben. "Wenn ich Angst hätte, würde ich mich schämen. Weil ich weiß, dass die Menschen in den Regionen viel mehr auszuhalten haben als ich."

"Direkter Befehl von Putin"

Der Kremlkritiker war am 20. August auf einem russischen Inlandsflug zusammengebrochen und nach einer Notlandung zunächst im sibirischen Omsk behandelt worden. Am 22. August wurde er zur Behandlung in der Berliner Charite nach Deutschland ausgeflogen. Die Bundesregierung erklärte nach Tests in einem Speziallabor der Bundeswehr, Nawalny sei mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden.

Am Dienstag bestätigte auch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) diesen Befund. Moskau weist den Verdacht zurück, staatliche russische Stellen könnten Nawalny gezielt vergiftet haben. Nawalny machte in der "Bild"-Zeitung erneut Putin persönlich für die Tat verantwortlich. "Ich glaube, dass das ein direkter Befehl von Putin war und erwarte nicht, dass es jemals eine echte Ermittlung geben wird", sagte der Kreml-Kritiker dem Blatt. Bisher gebe es in Russland noch "nicht mal den Versuch, es so aussehen zu lassen, als würde man ermitteln."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 07. Oktober 2020 Deutschlandfunk um 08:28 Uhr und die tagesschau um 09:00 Uhr.