
Mehrere Verfahren in Pakistan anhängig Ex-Machthaber Muscharraf in Haft
Nach seiner spektakulären Flucht aus dem Gericht sitzt der pakistanische Ex-Machthaber Muscharraf jetzt in einem Polizeigebäude in Islamabad fest. Ein Gericht hatte ihn zuvor unter Hausarrest gestellt und den Fall an eine höhere Kammer verwiesen.
Von Sandra Petersmann, ARD-Studio Südasien
Sein kürzlich vorgestelltes Wahlprogramm sorgte für deutlich weniger Schlagzeilen als sein Kampf gegen die selbstbewusste pakistanische Justiz. Der Hausarrest des Ex-Diktators, der mal ein wichtiger Verbündeter des Westens war, ist für die Medien des Landes das Thema Nummer Eins.
Als der Haftbefehl gegen ihn am Donnerstag ausgestellt wurde, war Pervez Muscharraf seinem Arrest noch entkommen. Die anwesenden Polizisten im Gerichtssaal hatten keinerlei Anstalten gemacht, den Ex-Diktator zu verhaften. Und so war es ihm gelungen, abgeschirmt von seinen Personenschützern, aus dem Justizgebäude zu enteilen und mit seinem gepanzerten Geländewagen davonzubrausen, um sich in seine Villa zurückzuziehen. Ein niederes Magistrats-Gericht hat ihn für zunächst zwei Tage unter Hausarrest gestellt - und den Fall abgegeben.
Im Gästehaus der Polizei
Inzwischen ist er ins Polizeihauptquartier gebracht worden. Nach pakistanischen Medienangaben hält man ihn dort in einem Gästehaus fest.

Polizisten sichern die Residenz von Muscharraf am Stadtrand von Islamabad.
"Pervez Muscharraf hat sich heute morgen selber gestellt und die Polizei hat ihn dann zum Gericht gebracht. Aber die Vorwürfe gegen Herrn Muscharraf beziehen sich auch auf das Anti-Terror-Gesetz und dafür ist dieses Gericht nicht qualifiziert", erklärt ein Jurist, der die Anhörung verfolgt hat. "Es hat dann einen Hausarrest von zwei Tagen verhängt und den Fall an ein auch für Terrorfälle und Hochverrat zuständiges Gericht überwiesen."
Muscharraf war erst Ende März aus seinem vierjährigen, selbstauferlegten Exil nach Pakistan zurückgekehrt, weil er an den bevorstehenden Wahlen im Mai teilnehmen wollte. Doch seine Rückkehr gerät immer mehr zum Desaster. Der ehemalige Armee- und Staatschef der Atommacht ist gleich in mehrere Gerichtsverfahren verwickelt.
2007 stellte Muscharraf Richter unter Hausarrest
Er muss sich unter anderem für die mutmaßliche Beteilung an der Ermordung der ehemaligen Premierministerin Benazir Bhutto verantworten. Und für die Ausrufung des Notstands im Jahr 2007. Damals hatte Muscharraf auch die Richter des Obersten Gerichtshofs unter Hausarrest gestellt. Für diesen letzten Anklagepunkt ist er nun verhaftet und unter Hausarrest gestellt worden.
Und ausgerechnet die höchsten, längst wieder eingesetzten Richter von damals könnten jetzt seine letzte Rettung werden. Denn das Oberste Gericht ist die Instanz, vor der er seine Verhaftung anfechten könnte. Hier könnte er auch dagegen klagen, dass er nicht bei der Wahl am 11. Mai antreten darf.
Eigentlich jedoch hat Pakistan viel dringendere Probleme als den permanenten Machtkampf seiner Eliten. Das Land mit über 180 Millionen Einwohnern leidet unter Terror, religiösem Extremismus, Armut und Arbeitslosigkeit. Außerdem lähmt eine chronische Energiekrise die Wirtschaft. Die zivile Regierung ist schwach und macht vor allem durch Korruptionsfälle von sich reden. Das Militär gilt als mächtiger Strippenzieher im Hintergrund. Die Atommacht Pakistan war die längste Zeit ihrer Geschichte eine Militärdiktatur.