Finanzhilfen für europäische Milchbauern Wie Europas Billigmilch Afrikas Märkte zerstört

Stand: 19.10.2009 02:24 Uhr

Die EU-Argrarminister beraten heute erneut über finanzielle Hilfen für Europas Milchbauern. Die Leidtragenden der europäischen Subventionspolitik werden in Luxemburg nicht protestieren, denn sie leben in Afrika. Dort wird überschüssige EU-Milch als Milchpulver zu Dumpingpreisen verscherbelt.

Von Marc Dugge, ARD-Hörfunkstudio Westafrika

Milch - das ist für die meisten Senegalesen in Wasser aufgelöstes Pulver. Es ist weiß, es erinnert irgendwie an Milch, es ist günstig und deshalb beliebt. In einem kleinen Supermarkt in der Hauptstadt Dakar stapelt es sich säckeweise in den Regalen. Zehn verschiedene Produkte, alle importiert, die meisten aus Holland und Frankreich.

"Normalerweise kaufen wir Milchpulver", erklärt die Hausfrau Aicha Thiam: "Das ist leichter zu bekommen und weniger teuer. Gerade jetzt in Zeiten der Krise hat nicht jeder das Geld, um Frischmilch zu kaufen."

Keine Staatshilfe für Senegals Milchbauern

An Trockenmilch führt für die meisten Senegalesen kein Weg mehr vorbei. Sehr zum Ärger von Awa Diallo. Sie besitzt selbst einige Kühe und führt einen kleinen Milchbetrieb in einem Vorort von Dakar. Die Milch verarbeitet sie zu Joghurt und Butter. Wenn die Kühe zu wenig Milch geben, verwendet auch sie Trockenmilchpulver.

Auf ihre europäischen Kollegen ist Diallo neidisch. Denn anders als die bekommt sie vom Staat keinen einzigen Cent. Sie kann nicht verstehen, warum Europa für Kleinbauern in Afrika Entwicklungshilfe leistet und ihnen auf der anderen Seite auf dem lokalen Markt kaum eine Chance lässt.

Eine sengalesische Frau beim Melken

Milchbauern im Senegal werden nicht subventioniert und die Herstellung von Milch ist teuer.

"Im Senegal wie in Afrika bekommen die Milchbauern keinerlei Subventionen", so Diallo. "Die Kosten sind daher sehr hoch für sie. Die Bauern müssen ihr Vieh in Schuss halten. Wenn sie das nicht machen, bekommen sie nicht die Menge an Milch, die sie brauchen. Sie müssen Futter kaufen und die Tiere impfen. Das alles macht die Milch teuer. Deswegen ist das Milchpulver für uns eine große Konkurrenz."

40.000 Tonnen Milchpulver werden importiert

Auch Bagoré Bathily setzt auf Milchprodukte, speziell auf Dickmilch und Joghurt. Vor drei Jahren hat er die "Laiterie du Berger" aufgemacht, den einzigen Milchhof im Senegal, der ausschließlich mit frischer Milch arbeitet. Rund 800 Bauern aus dem Norden des Senegal liefern täglich insgesamt rund 5000 Liter für seinen Hof.

Bathilys Geschäft läuft. Er und seine 100 Mitarbeiter haben es aber schwer, sich gegen die lokalen Betriebe durchzusetzen. Die können Joghurt viel billiger herstellen als er, weil sie mit Trockenmilchpulver aus Europa arbeiten. Rund 40.000 Tonnen davon importiert der Senegal pro Jahr.

"Der Liter Milch, der auf Basis von Trockenmilchpulver hergestellt wird, kostet ungefähr 180, 190 Francs", sagt Bathily. "Wir aber bezahlen unseren Produzenten schon 200 Francs für den Liter. Dazu kommen noch die Kosten für Transport und Angestellte. Wenn der Liter bei uns in der Firma ankommt, kostet er schon 270 Francs."

Von industrieller Produktion noch weit entfernt

Milch aus Europa ist eben billiger, als die vor der afrikanischen Haustür. Auch wenn sie von einer teuer gefütterten Kuh aus einem High-Tech-Betrieb stammt, Tausende von Kilometern vom Senegal entfernt. Der Preis der lokalen Milch ist auch deshalb so hoch, weil die Produzenten nur geringe Mengen liefern können.

Kühe in einem Stall

Milch aus Europa ist viel günstiger als die aus Afrika.

Eine Kuh im Senegal gibt ohnehin schon deutlich weniger Milch als ihre wohlgenährte Artgenossin in Europa. Das verschärft sich in der Trockenzeit: Dann geben die Kühe nur halb so viel Milch wie in der Regenzeit. Von einer Produktion im industriellen Maßstab sind die Milchbauern im Senegal jedenfalls noch weit entfernt. Dass sie eines Tages dorthin gelangen werden, ist aber alles andere als sicher. Denn solange die billige Trockenmilch aus Europa den lokalen Markt überschwemmt, solange fehlt den Bauern das Geld, um wettbewerbsfähig zu werden. Und solange wird den meisten Afrikanern der Geschmack von frischer Milch unbekannt bleiben.