EU findet Regeln für Fernsehwerbung Werbung und Programm getrennt - im Prinzip

Stand: 13.11.2006 19:23 Uhr

Die EU-Staaten wollen Schleichwerbung im Fernsehen zwar grundsätzlich verbieten. Doch Ausnahmen für die Platzierung von Produkten in Filmen, TV-Serien, Sportsendungen und leichter Unterhaltung sollen erlaubt bleiben. Diesem Kompromiss stimmten die meisten EU-Mitglieder jetzt zu.

Deutsche Fernsehsender sollen künftig mit der Platzierung von Produkten im Unterhaltungsprogramm Geld verdienen dürfen. Die EU-Kulturminister erreichten in Brüssel einen Kompromiss im Streit über die Grenzen von Fernsehwerbung.

Zwar würde damit die Produktplatzierung EU-weit künftig wie von Deutschland gefordert eigentlich verboten. Allerdings werden zugleich zahlreiche Ausnahmen wie Serien oder Spielfilme festgesetzt, in denen die Platzierung national doch erlaubt werden kann. Vertreter von Bund und Ländern kündigten an, Deutschland werde diese Ausnahmen wohl voll nutzen, um Wettbewerbsnachteile für die deutsche Film- und Fernsehwirtschaft im Vergleich zu anderen Ländern zu verhindern. Ob die Regeln so in Kraft treten können ist noch offen, weil auch das EU-Parlament zustimmen muss. Die EU-Kommission wollte eigentlich die Produktplatzierung in allen Bereichen zulassen.

Bis zu 20 Hersteller drängeln sich in einem Kinofilm

Bei der Produktplatzierung bezahlt ein Unternehmen dafür, dass sein Produkt in einer Sendung gezeigt wird. Prominentes Beispiel sind James-Bond-Filme. Der britische Geheimagent hat in mindestens drei Filmen einen BMW gesteuert, obwohl er im Buch einen Bentley fährt. Im Bond-Film "Stirb an einem anderen Tag" brachten 20 Firmen ihre Produkte unter und bezahlten dafür 70 Millionen Dollar. Die Produktplatzierung ist in Deutschland wegen der Empörung über frühere Schleichwerbung in der ARD-Serie "Marienhof" ein sensibles Thema.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann und der bayerische Staatskanzleichef Eberhard Sinner als Vertreter von Bund und Ländern sagten, Deutschland könne mit der Regelung gut leben.

Die Grundsatzeinigung sieht vor, dass die bezahlte Produktplatzierung nur in Kinofilmen, Fernsehfilmen und -serien, in Sportprogrammen und leichten Unterhaltungssendungen national erlaubt werden darf. Sie wäre damit in Nachrichten- oder Verbrauchersendungen verboten. Ausnahmen wären zudem zulässig, wenn Produkte - etwa das Auto eines TV-Kommissars - kostenlos gestellt werden. Für Kindersendungen werden Produktplatzierungen vollständig verboten. Auch soll die redaktionelle Unabhängigkeit gesichert bleiben. Dies war eine der deutschen Hauptsorgen. Neumann hatte gewarnt, der eherne Grundsatz einer Trennung von Werbung und Programm sei gefährdet.

Nächstes Trennen bei der Berlinale

Verboten werden soll auch, ein Produkt "zu stark heraus" zu stellen. Auch sollen Fernsehsender auf die Sponsoren vor und nach dem Programm hinweisen müssen. Die Regeln sollen auch ein Thema des informellen Treffens der EU-Kulturminister am Rande der Berliner Filmfestspiele im Februar sein.

Neumann sagte, zwar seien einige EU-Länder gegen den Kompromissvorschlag, dennoch gebe es eine Mehrheit dafür. Deutschland wolle zudem erreichen, dass auch das bezahlte Platzieren von Themen den gleichen Regeln unterliegt wie die Produktplatzierung. Dabei würde einem Sender etwa dafür Geld gezahlt, dass er eine Sendung zu einer bestimmten Branche ausstrahlt, ohne darin einzelne Produkte zu bewerben.

Regelung ist Teil der Fernsehrichtlinie

Die Produktplatzierung war der umstrittenste Punkt der neuen Fernsehrichtlinie. Sie soll einheitliche Regeln für Programme schaffen und für Übertragungen über Kabel, Satellit, Internet und herkömmliche Ausstrahlung gleichermaßen gelten. Einbezogen wird auch das Abruf-Fernsehen ("Video on Demand").

Grundsätzlich einigten sich die EU-Staaten auch auf neue Obergrenzen für die klassische Fernsehwerbung. Fernsehfilme, Kinospielfilme und Nachrichten von mehr als 30 Minuten Länge dürfen in jeder halben Stunde nur einmal unterbrochen werden. Eine Tagesobergrenze für Werbung soll es nicht mehr geben, allerdings sollen je Sendestunde höchstens 12 Minuten Werbung ausgestrahlt werden dürfen.

Gesichert werden soll mit der Richtlinie auch das Recht auf Kurzberichterstattung großer Ereignisse, für die ein Sender die Exklusivrechte gekauft hat.