Bericht zu CIA-Gefangenenflügen EU-Parlament entschärft Vorwürfe gegen Berlin

Stand: 14.02.2007 13:17 Uhr

Regierungen und Geheimdienste mehrerer EU-Staaten haben geheime Gefangenenflüge der CIA geduldet. Zu diesem Schluss kommt das Europaparlament in einem Bericht. Im Fall Kurnaz entschärfte das Parlament die zuvor geäußerten Vorwürfe gegen die Bundesregierung.

Regierungen und Geheimdienste der EU-Staaten haben nach Überzeugung des Europäischen Parlaments geheime CIA-Gefangenenflüge geduldet. Die Abgeordneten des Straßburger Parlaments stimmten für eine entsprechende Passage im Abschlussbericht eines Sonderausschusses zu den CIA-Flügen. Das Parlament kritisierte die geheimen Gefangenenflüge als illegales Mittel der USA im Kampf gegen Terrorismus.

Im Fall Murat Kurnaz wurden die Vorwürfe gegen die frühere Bundesregierung entschärft, die in dem Bericht enthalten waren. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte für einen Änderungsantrag der Sozialdemokraten, wonach es im Jahr 2002 kein formelles Angebot der USA für eine Freilassung des in Deutschland geborenen Türken Kurnaz aus Guantanamo gab.

Parlament übernimmt Sicht der Bundesregierung

In dem nun verabschiedeten Text heißt es, es habe „im Jahr 2002 eine Aussicht auf Freilassung von Murat Kurnaz aus Guantanamo gegeben, die von den deutschen Behörden nicht angenommen wurde“. Das Europaparlament übernahm damit die nicht unumstrittene Darstellung der Bundesregierung, dass es ein offizielles Angebot zur Freilassung Kurnaz' nicht gegeben habe. Das Parlament rückte zudem von der Formulierung ab, „dass alle Ermittlungen bereits Ende Oktober 2002 ergeben haben, dass Murat Kurnaz keine terroristische Bedrohung darstellt“. In der neuen Fassung heißt es, "dass nach den dem Ausschuss verfügbaren Informationen“ Kurnaz keine terroristische Bedrohung dargestellt habe.

Auch im Fall des Anfang 2004 aus Mazedonien verschleppten Deutsch-Libanesen Khaled al Masri wurden die Vorwürfe gegen Deutschland entschärft. Der Sonderausschuss hatte geschrieben, „dass die deutschen Behörden von der rechtswidrigen Entführung des deutschen Staatsbürgers al Masri...mindestens Kenntnis hatten“. In der neuen Fassung werden dagegen die vorläufigen Erkenntnisse des BND-Untersuchungsausschuss des Bundestags aufgegriffen: „Bislang haben die Untersuchungen des Ausschusses ergeben, dass es keine Beteiligung der deutschen Behörden an der rechtswidrigen Entführung gab.“ Insgesamt hatte es 270 Änderungsanträge gegeben.

Menschenwürde mit Füßen getreten

Der sozialistische Berichterstatter Giovanni Claudio Fava sagte: "Unsere Arbeit war die Analyse von fünf Jahren Missbrauch und Exzessen, die häufig toleriert wurden." Die Untersuchungen hätten gezeigt, wie die Menschenwürde mit Füßen getreten worden sei. Viele europäische Regierungen hätten dabei weggeschaut. Die deutsche Ratspräsidentschaft kritisierte, dass sich der Ausschuss vor allem auf öffentlich zugängliche Informationen und Zeugenaussagen berufe. "Aus Behauptungen werden schnell Fakten", sagte Europastaatsminister Günther Gloser. Der Rat hätte sich eine zurückhaltendere Sprache gewünscht.

Kritik von konservativen Fraktionen

Auch Vertreter der konservativen Fraktionen kritisierten die Schlussfolgerungen des Berichtes. Dieser sei nur eine "Sammlung von Verdächtigungen", sagte der CDU-Abgeordnete Hartmut Nassauer. Für angebliche Geheimgefängnisse in Polen und Rumänien gebe es nicht den "Schatten eines Beweises". Mehrere polnische Abgeordnete wiesen Vorwürfe gegen ihr Land entschieden zurück. Der CIA-Ausschuss habe keine Beweise vorgelegt, Tatsachen seien verdreht worden, sagte der EU-Skeptiker Konrad Szymanski.

Der deutsche Grüne Cem Özdemir warf der polnischen Regierung mangelhafte Zusammenarbeit mit dem Ausschuss vor. Sie habe offenbar noch nicht verstanden, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union auch Verpflichtungen mit sich bringe. Die Abgeordnete der Linkspartei, Sylvia-Yvonne Kauffmann nannte die Haltung mancher EU-Staaten "beschämend". Dies gelte auch für Deutschland. Außenminister Frank-Walter Steinmeier etwa habe sich geweigert, vor dem CIA-Sonderausschuss auszusagen.