EU-Gipfel in Brüssel Merkel: "Ich bin nicht ohne Hoffnung"

Stand: 09.03.2007 05:48 Uhr

Die EU-Staaten haben sich beim Gipfel in Brüssel im Grundsatz darauf geeinigt, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um ein Fünftel zu reduzieren. Das Ringen um eine Strategie für erneuerbare Energien zieht sich dagegen noch hin. Bundeskanzlerin Merkel sieht aber eine "Annäherung".

Die EU-Staaten haben sich auf ihrem Gipfel in Brüssel grundsätzlich darauf verständigt, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis zum Jahr 2020 um ein Fünftel zu reduzieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte damit bei dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel eines der Ziele durchsetzen, die sie sich für ihre Ratspräsidentschaft gesetzt hat.

Mit ihrer Forderung, den Anteil von Energien wie Wind, Wasser, Sonne und Biomasse von 20 Prozent im EU-Durchschnitt im Jahr 2020 verbindlich festzulegen, stößt sie jedoch auf Widerstand. Derzeit liegt der EU-weite Anteil erneuerbarer Energien lediglich bei 6,4 Prozent. Das Ziel einer gemeinsamen Verpflichtung auf den Ausbau erneuerbarer Energien ist laut Merkel "noch nicht erreicht, es gibt noch Diskussionsbedarf". Nach rund sechsstündigen Verhandlungen gab sich die Kanzlerin aber optimistisch: "Ich bin nicht ohne Hoffnung".

Nach Angaben Schwedens leisteten zuletzt noch drei Staaten Widerstand in der Frage der erneuerbaren Energien. Dazu zählten Tschechien und die Slowakei. Nach Angaben von Diplomaten gelang es Merkel, ihre größten Kritiker auf ihre Seite zu ziehen: Der französische Präsident Jacques Chirac und der polnische Staatschef Lech Kaczynski stellten laut Diplomaten ein Einlenken in Aussicht. Chirac rückte von seiner Forderung ab, unter die erneuerbaren Energien wie Wasser, Wind und Sonne auch "kohlenstoffarme Energien" wie die Atomkraft fassen zu können.

Tschechien und Bulgarien setzen ebenfalls auf Atomkraft

Der tschechische Regierungschef Mirek Topolanek pries den Atomstrom als umweltfreundliche Energiequelle für Europa an. Der sozialistische bulgarische Regierungschef Sergej Stanischew kündigte ebenfalls ein Festhalten an der Kernkraft an. "Das ist sehr viel umweltfreundlicher als die konventionelle thermische Energie", sagte er. Beim bindenden Ziel für erneuerbare Energien zeigte er sich skeptisch und plädierte für realistische Vorgaben: "So etwas könnte man vielleicht auf europäischer Ebene erreichen, aber einige Mitgliedstaaten könnten es kaum schaffen."

Skandinavien und Wien für grüne Energie

Starke Unterstützung erfuhr Merkel aus den skandinavischen Staaten und Österreich. "Von diesem Gipfel darf kein europäisches Signal ausgehen, dass die künftige grüne Energie die Atomenergie ist", sagte Österreichs Kanzler Alfred Gusenbauer. "Aber ich füge hinzu, dass wir keine europäische Formulierung akzeptieren würden, die eine weitere Konzentration auf Atomenergie unterstreicht."

Der schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt forderte von der Gipfelrunde, ehrgeizige Ziele festzuschreiben. "Europa muss eine Führungsrolle übernehmen", sagte er. Sonst werde es nicht gelingen, China, Indien und andere aufstrebende Volkswirtschaften als Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel zu gewinnen. Sein dänischer Kollege Anders Fogh Rasmussen sagte: "Europa muss grüner werden." Sein Land zeige, dass Klimaschutz und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft kein Widerspruch seien müssen.

Pöttering: "Es ist eine Minute vor zwölf"

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, rief die EU-Staats- und Regierungschefs auf, in der Klimadebatte ihre Bedenken endlich zurückzustellen und zu einem Kompromiss zu kommen. Nötig sei eine "Führungsrolle" der EU beim Klimaschutz, sagte Pöttering nach einem Treffen mit dem EU-Gipfel in Brüssel. Doch werde von einigen EU-Mitgliedsstaaten offenbar immer noch die Dramatik des Klimawandels unterschätzt. Pöttering erinnerte daran, dass eine drohende Erderwärmung um fünf Prozent etwa dem Temperaturanstieg seit der letzten Eiszeit bis heute entsprechen würde. Europa sei also gefordert, schnell zu handeln. "Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern eine Minute vor zwölf", fügte der Parlamentspräsident hinzu.