Die Rocker von Nogliki Punk am Ende der Welt

Stand: 28.08.2007 23:07 Uhr

Von Ruth Dickhoven, ARD-Hörfunkstudio Moskau

Zwei Rockbands gibt es in Nogliki. "Njet" heißt die eine, "Saraj" die andere. Die Musiker sind in beiden Bands die selben, denn allzuviel Auswahl an Musikern gibt es in Nogliki nicht. Wer ein Instrument spielen kann oder sogar mehrere, der hat hier das große Los gezogen, erklärt Dima, 17 Jahre alt, E-Bassist und Drummer. Man könne in Nogliki eigentlich nichts machen außer Musik, wenn sie die Musik nicht hätten, wäre es ganz trostlos. Auf der Bank im Hof könne man sitzen, aber das wäre es auch. Und Roman fügt hinzu, die einzige Alternative sei die Natur, davon gebe es ja hier genug: "Da sitzen wir dann so hippiemäßig im Gras, rauchen, trinken was, spielen Gitarre und singen." Das klinge romantisch, und Sachalin sei auch eine sehr romantische Insel. Sie alle seien Romantiker.

Vorbilder aus Hannover

Die Stadtverwaltung hat den Rockern von Nogliki einen kleinen Raum im örtlichen Kulturhaus überlassen. Und hier proben Dima, Roman, Pjotr und die andern fast täglich. Ihre Songs handeln von Liebe und Drogen, vom Erwachsenwerden und Zukunftsängsten, kurz von dem, was Jugendliche überall auf der Welt bewegt. Großes Vorbild sind die Scorpions, verrät Saraj-Frontman Dima, und das gefällt - nicht nur - dem Publikum in Nogliki.

Bei drei Musikfestivals hat die Band schon gespielt, zählt Saraj auf,  und sogar einen Preis bekommen - für hohes Aufführungsniveau und philosophisches Denken über das Leben.

Düstere Songs in trostloser Atmosphäre

Ein wenig mag es ja an Nogliki liegen und seiner selbst im Sommer trostlosen Atmosphäre - vom langen, kalten, dunklen Winter ganz zu schweigen -, dass mancher der philosophischen Songs geradezu düster gerät. Etwa dieser: "Keiner kann uns helfen, der Wind fegt uns fort, überall Nebel, diese Häuser stehen leer, Atomwüste."

Protest gegen Umweltzerstörung

Umweltschutz ist überhaupt ein großes Thema auf Sachalin. Denn bei aller Tristesse hat die Insel doch zumindest eines zu bieten - eine grandiose, und trotz des beginnenden Ölbooms, weitgehend intakte Natur. Die wollen sich selbst die Rocker von Nogliki nicht kaputt machen lassen. 

Ein großes ökologisches Problem ist, meint Roman, dass in Nogliki eine Giftmülldeponie entstehen soll. Fast alle seien dagegen, aber das Projekt wurde schon Ende der 80er beschlossen. Viele fragen sich, warum man Nogliki aufbauen soll, wenn dort demnächst Giftmüll abgeladen werde.

Für nächste Woche ist ein großes Protestkonzert geplant, dabei wollen die Musiker den sturen Behördenvertretern ordentlich einheizen. Und darum müssen sie jetzt unbedingt weiter proben.