EU-Innenministerkonferenz in Luxemburg Malta steckt die Prügel ein

Stand: 12.06.2007 17:46 Uhr

Nach den jüngsten Flüchtlingsdramen im Mittelmeer hat Malta einen Hilferuf an die anderen EU-Staaten gerichtet. Der Inselstaat sei mit der Aufnahme tausender Bootsflüchtlinge aus Afrika überfordert, sagte dessen Innenminister Borg. Viel Hilfe kann er jedoch von seinen Amtskollegen nicht erwarten.

Von Peter Heilbrunner, ARD-Hörfunkstudio Brüssel, zzt. Luxemburg

Tonio Borg ist es leid, die Prügel einzustecken, die eigentlich die ganze EU-Familie treffen müssten. Der maltesische Innenminister machte in Luxemburg erneut deutlich, dass die EU-Mittelmeeranrainer das Migrationsproblem nicht allein lösen könnten. Malta, Spanien und Italien seien überfordert damit, alle verzweifelten Einwanderer auf dem eigenen Territorium unterzubringen. Malta fordert deshalb, unterstützt von Spanien, eine Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen, und das für jedes EU-Land. Deutschland hätte in den vergangenen Jahren im Verhältnis 1,4 Millionen Zuwanderer aufnehmen müssen, sagte Borg, um zu verdeutlichen, welcher Druck auf der kleinen Mittelmeerinsel lastet.

Abschotten statt umverteilen

Die Begeisterung für diesen Vorstoß Maltas dürfte gering sein im Kreis der Innenminister. Sie setzen vielmehr darauf, erst einmal alles dafür zu tun, damit keine Illegalen an den Stränden der südlichen EU-Staaten anlanden. Frontex heißt hier das Zauberwort: Die EU-Grenzschutzagentur soll in der kommenden Woche mit großangelegten Patrouillenfahrten im Mittelmeer und im Atlantik beginnen und Flüchtlinge am besten schon kurz nach der Abfahrt in Nord- und Westafrika abfangen. Das Ziel: Sie gar nicht erst in Internationale Gewässer kommen zu lassen.

Die Ressourcen fehlen noch

Noch hapert es allerdings an der Ausstattung von Frontex. Obwohl von den EU-Ländern zugesagt, hat die Behörde nicht genügend Schiffe, Flugzeuge und Hubschrauber zur Verfügung. Daran gilt es nun zu arbeiten, und erst dann kann das Verteilungsproblem gelöst werden, erklärte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Natürlich werde es irgendwann einmal zu einer gerechten Verteilung der geretteten Flüchtlinge kommen, führte der derzeitige EU-Ratsvorsitzende aus.

Kaum Zugeständnisse, viele Forderungen

Aber: Erst einmal müssen die Grenzen wirksam überwacht werden, auch auf dem Wasser. Malta wird also vorerst nicht allzu viel erwarten können von den EU-Ländern im Norden - mehr als ein symbolisches Zugeständnis wird Tonio Borg nicht mit nach Hause nehmen können. Im Gegenteil: Schäuble hat seine Kollegen noch einmal darauf verpflichtet, sich an internationale Vereinbarungen zur Seenotrettung zu halten. Vor dem Hintergrund, dass Bilder um die Welt gingen, die hilflose Bootsflüchtlinge zeigten, die sich an Fisch-Käfig klammerten und sich so vor dem Ertrinken retten wollten. Vorbeifahrende Schiffe weigerten sich, die Gekenterten aufzunehmen, weil Malta ihnen sonst die Einfahrt verweigert hätte.

Schwere Vorwürfe an Malta

Der deutsche Innenminister hat dieses Vorgehen als Verstoß gegen UN-Recht deutlich kritisiert, der SPD-Innenexperte im Europaparlament Wolfgang Kreissl-Dörfler geht noch weiter. Dass wir die Leute buchstäblich den Haien zum Fraß vorwerfen, verstößt gegen die Grundsätze der EU, klagt der bayrische Abgeordnete. Somit kämpfen die Innenminister derzeit an zwei Fronten: Gegen den Flüchtlingsstrom an den Südküsten und gegen den Untergang der eigenen humanitären Grundsätze.