EU-Sender für Weißrussland Unzensiertes Radio für "Europas letzte Diktatur"

Stand: 25.08.2007 19:57 Uhr

Die USA bezeichnen Weißrussland als "letzte Diktatur in Europa". In der Haupstadt Minsk herrscht der autoritäre Präsident Alexander Lukaschenko seit 12 Jahren im autoritären Stil. Er änderte eigens die Verfassung, um am 19. März bei den Präsidentschaftswahlen erneut kandidieren zu können. Oppositionspolitiker werden mundtot gemacht, in den Medien kommen sie kaum zu Wort. Mit einem Radioprogramm will die EU ein Stück unabhängige Berichterstattung vor der Wahl ermöglichen.

Von Ruth Dickhoven, ARD-Hörfunkstudio Moskau

Das Radio-Programm von www.belradio.fm ist über Mittelwelle, Satellit oder übers Internet zu empfangen und wird wahlweise in russischer oder weißrussischer Sprache angeboten. Zwischen regelmäßigen Nachrichtensendungen und einem einstündigen Info-Magazin läuft junge Pop-Musik. Die Macher wollen gerade auch das junge Publikum in Belarus (Weißrussland) erreichen. Das Themenspektrum der Infosendungen ist durchaus nicht auf weißrussische Themen beschränkt, auch internationale Politik ist Bestandteil des Programms.

Unzensierte Informationen für die Wähler

Zwei Millionen Euro hat die EU-Kommission für das Projekt bereitgestellt; Ende Januar erteilte sie einem gemeinsamen Konsortium unter Deutscher Leitung den Auftrag. An der Programm-Gestaltung sind Partner aus Russland, Polen, Litauen beteiligt, außerdem der weißrussische Journalistenverband. Vor den Präsidentschaftswahlen am 19. März geht es darum, der weißrussischen Bevölkerung Zugang zu unzensierten Informationen zu verschaffen. Das gleiche Ziel verfolgen ein weißrussisches Rundfunkprojekt der Deutschen Welle, ein polnisch finanzierter Sender und das seit dem Kalten Krieg aktive amerikanische Radio Liberty.

Opposition nimmt Umweg über Moskau

Denn das Regime des autoritär herrschenden Alexander Lukaschenko kontrolliert die gesamte weißrussische Medienlandschaft. Unbequeme Zeitungen wurden geschlossen, das staatliche Fernsehen wird von Lukaschenko kontrolliert und widmet sich ganz der Hofberichterstattung. Die Oppositionskandidaten im Wahlkampf um das Präsidentenamt kommen in der Berichterstattung praktisch nicht vor. Alexander Milinkiewitsch, Physiker, Bürgerrechtler und gemeinsamer Kandidat der demokratischen weißrussischen Opposition kam daher neulich nach Moskau, um seine potentiellen Wähler wenigstens übers russische Fernsehen zu erreichen. "Mein Name wird bei uns im Fernsehen nicht erwähnt, klagte er. "Man sagt: Es gibt einen Kandidaten, aber man nennt meinen Namen nicht – vorsichtshalber. Darum ist Ihre Arbeit, also die der Presse, so wichtig, um die Informationsblockade in Weißrussland zu durchbrechen."

Milinkiewitsch ? Nicht bekannt!

Lukaschenkos Haupt-Herausforderer Milinkiewitsch ist im Wahlkampf auf Flugblätter und Mund-Propaganda angewiesen. Ein großer Teil der weißrussischen Wähler weiß nichts von seiner Existenz. Nun darf Milinkiewitsch hoffen, zumindest auf belradio.fm gelegentlich zu Wort zu kommen. Fragt sich allerdings, wer die Wähler über die neue Informationsquelle unterrichtet. Der mit allen Mitteln um seine Wiederwahl kämpfende Lukaschenko wird es wohl nicht tun.