Zukunft der EU Schwacher Barroso will mit Masterplan trumpfen

Stand: 10.05.2006 17:58 Uhr

In welche Richtung entwickelt sich die EU? Neue Länder warten auf die Aufnahme, das Projekt EU-Verfassung liegt weiter auf aus. Brüssel braucht einen starken Mann - doch EU-Kommissionspräsident Barroso gilt als ideenarm und schwach. Mit einem Masterplan für Europa will er nun seine Kritiker überzeugen.

Von Barbara Wesel, RBB-Hörfunkstudio Brüssel

In der nächsten Woche muss die EU-Kommisison die Vorentscheidung über den Beitritt Rumäniens und Bulgariens fällen – eine Erweiterung empfinden die meisten EU-Bürger eher als bedrohlich. Die erweiterte EU macht Angst oder fördert Ablehnung. Und in der politischen Maschinerie, die das große Projekt voranbringen soll, knirscht der Sand. Die Stukturen sind zu kompliziert und der Widerstand einzelner Länder legt immer wieder alles lahm. Die Verfassung aber, die alles ändern sollte, ist im Eimer – oder doch nicht ?

Barroso gilt als schwach und ideenarm

Jedenfalls scheint das Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso zu glauben. Der Portugiese wäre gern der starke Mann in Brüssel, wird aber als schwach, unentschlossen und ideenarm beschrieben. Viele sehen ihn als Teil der Krise und nicht als deren Lösung. Heute nun hat Barroso einen zweiten Anlauf versucht, um sich mit einem neuen Masterplan, der "Agenda für die Zukunft Europas" aus der Defensive zu befreien.

Vor allem bürgernäher müsse man werden. "Wir glauben, dass es der beste Weg ist, einige der Probleme zu lösen, die von Bürgern benannt werden: Transparenz, Subsidiarität, Bürokratie. Und wir müssen auch unsere Pläne für Wachstum und Beschäftigung vorantreiben, so dass die Bürger verstehen, dass die EU sich um ihr Wohlergehen kümmert – wir brauchen einfach einen positiven Plan", formuliert Barroso seine Ziele.

Ganz klar: Wenn Barroso Arbeitsplätze schaffen könnte, wäre er König von Europa. Die meisten Bürger aber wünschen sich vor allem die Angleichung der Sozial- und Lebensverhältnisse in der EU und mehr Kompetenzen Brüssels bei der Terrorismusbekämpfung. Also will Barroso unter anderem mehr Zusammenarbeit in der Innen- und Justizpolitik, bisher Domäne der nationalen Regierungen. Das wird Streit geben.

Merkel will Verfassungsprojekt voranbringen

Die Verfassung legt Barroso dabei erst mal an die Seite. Das trug ihm schon im Vorfeld persönliche Kritik ein vom Chef der Konservativen im Europäischen Parlament, Hans-Gerd Pöttering, und ebenso vom sozialdemokratischen Abgeordneten Jo Leinen: "Ich begrüße das Europa der Projekte. Alles, was Sie vorschlagen, ist gut. Aber es kommt ein bisschen als Gegensatz zum 'europäischen Projekt'. Und die Medien haben ja schon reagiert indem sie meinen, Sie schieben die Verfassung weit nach hinten und tun so, als ob das nicht wichtig wäre."

Und auch die schwarz-rote Bundesregierung findet das mehr als schade, will doch Kanzlerin Angela Merkel der Verfassung während ihrer EU-Präsidentschaft im nächsten Jahr einen entscheidenden Schub geben.

Schüssel gegen Erweiterung

Schließlich bleibt die bange Frage: Wie geht es weiter mit den Erweiterungen? Der derzeitige Ratspräsident, Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, sagt ganz klar, dass Schluss sein müsse mit den Beitritten um jeden Preis. "Es kann niemand das Interesse haben, eine neue OSZE zu gründen, das sage ich schon sehr offen. Es muss die Integration nach Innen und die Vertiefung gesichert sein. Dann kann man wie bei einem anspruchsvollen Bergweg auch durchaus die nächsten Schritte machen."

Von wegen Bergweg: Ob nun gerade Barroso, der Behördenchef aus Brüssel, die Statur zum politischen Alpinisten hat, muss sich noch zeigen.