EU-Russland-Gipfel in Sotschi Betonte Gemeinsamkeiten, wenig Konkretes

Stand: 25.05.2006 20:36 Uhr

Im Ferienort Sotschi am Schwarzen Meer fand der EU-Russland-Gipfel in betont guter Atmosphäre statt. Vereinbart wurde ein Visa-Abkommen, das Reisen russischer Sportler, Studenten und Geschäftsleute in die EU-Staaten erleichtert. In der Energiefrage präsentierte sich Putin als verlässlicher Partner.

Von Horst Kläuser, ARD-Hörfunkkorrespondent, z. Z. Sotschi

Fast schon auffallend, wie oft EU-Vertreter und Russen den offenen, und gründlichen Dialog betonten - konstruktiv und effizient sei er gewesen. So als habe es nie Differenzen zwischen Europa und Russland gegeben. Das gehört wohl zu den diplomatischen Pflichtübungen bei Gipfeltreffen. Dennoch blieb das unterschriebene Visa-Abkommen, das einzige greifbare Ergebnis der Spitzengespräche im russischen Schwarzmeerbadeort Sotschi.

So können demnächst Studenten, Journalisten, Geschäftsleute, Wissenschaftler, Künstler und Sportler einfacher reisen. Das ist der erste Schritt zu einer Lösung, die die volle Visafreiheit zwischen der Russischen Föderation und der Europäischen Union bringt, meinte Russlands Präsident Wladimir Putin in der Abschlusspressekonferenz. Möglich wurde das, weil Russland sich bereit erklärt, künftig illegal Einreisende in die EU, auch aus Drittländern, zurückzunehmen – zuvor ein ewiger Streitpunkt.

Weniger konkret als die Wiederholung guter Absichten: das Thema Energie. Beide Seiten versichertenn sich der Verlässlichkeit und betonen, die gegenseitige Abhängigkeit - die EU als größter, gut bezahlender Kunde, Russland als verlässlicher Erzeuger von Öl und Gas - sei gut für Russland und die EU, da es sich um rein kommerzielle Beziehungen handele. Manche sehen das freilich nach Äußerungen russischer Energiefürsten und Politiker anders.

Putin gibt den "zuverlässigen Partner"

“Bei internationalen Verhandlungen, wo es auch darum geht, dass man eigene Interessen realisieren soll, handelt man oft nach dem bekannten Prinzip 'das eigene Hemd ist einem am nächsten'. Russland war, ist und bleibt aber ein zuverlässiger Partner für unsere europäischen Kollegen. Wir haben unsere Möglichkeiten auf dem Bereich Energie erweitert. Und wir werden mit diesen Ressourcen auf die Weltmärkte gehen", sagte Präsident Putin.

“Für uns ist das keine Drohung", entgegnete EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Stattdessen sei es "selbstverständlich, dass Marktregeln angewandt werden. Das heißt, natürlich hat auch Russland das Recht, sein Gas, sein Öl nach China und woandershin zu verkaufen, aber genauso haben wir natürlich auch das Recht, unsere Quellen zu diversifizieren.”

Putin will Gasprom im Westen etablieren

Wenn man allerdings jemanden an die eigenen Vorkommen heranlasse, so der russische Präsident, erwarte man dafür auch Entgegenkommen. Unausgesprochen meint er damit die Versuche des Staatskonzerns Gasprom, auch im europäischen Endverbrauchergeschäft Fuß zu fassen.

Bei sommerlichen, fast subtropischen Temperaturen, unter Palmen und Zypressen im Luxusresorthotel RUS waren sich der Gastgeber, der österreichische Kanzler Wolfgang Schüssel als amtierender EU-Ratspräsident und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso durchaus freundlich entgegengekommen. Von angespanntem Klima, auch über die Energie hinaus, wollte keiner etwas wissen. Heftige Kritik, wie sie kürzlich vom US-Vizepräsidenten Dick Cheney kam, ist auf europäischem Parket unbekannt. Man betont Transparenz und Gegenseitigkeit als Prinzip, will den Energiedialog. Auch wenn Russland bislang eigene Spielregeln einforderte, ist man sich aber bei den Grundlagen nach diesem 17. Gipfeltreffen, das allein diesmal zu 40 nachfolgenden Arbeitsgruppen und Kommissionen führte, weitgehend einig: Energiesicherheit und – effizienz gehörten dazu, ebenso auch die Weiterentwicklung der Nuklearenergie und der Umweltschutz.

Auch in der Iran-Frage: Betonte Einmütigkeit

Das Iranproblem wolle man diplomatisch und gemeinsam lösen, hieß es von den Gipfelteilnehmern. Deshalb auch wolle man das im nächsten Jahr auslaufende Partnerschaftsabkommen neu verhandeln und rechtlich bindend gestalten.