
Medizinprodukte Kontrolle ist gut, mehr Kontrolle besser
Erst waren Brustimplantate undicht, dann haben HIV-Tests nicht funktioniert: Immer wieder sorgen mangelhafte Medizinprodukte für Schlagzeilen. In Zukunft sollen sie sicherer werden - dafür hat die EU einen ausgeklügelten Plan.
Hörgeräte, Herzschrittmacher, Brust- und Hüftimplantate, aber auch Spritzen, Skalpelle, Schwangerschaftstests- und HIV-Tests: Solche Medizinprodukte sollen in Zukunft zum Schutz der Patienten sicherer werden. In den vergangenen Jahren habe es da leider eine Reihe von Skandalen gegeben, kritisiert CDU-Europaabgeordneter Peter Liese.
Am bekanntesten ist wohl der Skandal um die schadhaften Brustimplantate der Firma PIP - das Problem sei aber weitreichender, sagt Liese: Probleme bei Hüftimplantaten und bei Stents, die in Gehirngefäße eingepflanzt werden. Und ein HIV-Test habe sehr viel häufiger als andere Tests falsch negative Ergebnisse angezeigt: "Das heißt, da war ein HIV-Virus im Blut, den der Test aber nicht entdeckt hat." Es sei eine Katastrophe, wenn solche wichtigen Medizinprodukte nicht richtig funktionierten.
Konsequenzen aus den Skandalen
Aus den Skandalen sollen nun Konsequenzen gezogen werden. Vorausgegangen waren jahrelange Verhandlungen zwischen Europaparlament und EU-Ländern. Jetzt stimmten die Abgeordneten des Europaparlaments über zwei Verordnungen ab.
Sie besagen, dass Prüfstellen in Zukunft unangemeldete Kontrollen bei Herstellern machen müssen, erklärt Gesundheitsexperte Liese: "Bei dem PIP-Skandal war es offensichtlich: Das Produkt wurde vom TÜV zertifiziert. Und nachdem die Genehmigung da war, hat der Hersteller die Rezeptur geändert und dadurch vielen Frauen geschadet." In Zukunft müsse nun jeder immer damit rechnen, dass unangemeldet kontrolliert werde.
Doppelte Kontrolle
Doch auch die Kontrolleure selbst sollen in Zukunft schärfer kontrolliert werden, sagt der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken - zum Beispiel der TÜV oder die Dekra. Die Überwachung der Prüfstellen werde "deutlich verbessert und verschärft".
TÜV, Dekra und andere Prüfstellen müssen dann nachweisen, dass sie qualifiziertes Personal beschäftigen und sorgfältig prüfen. Das sollen künftig nicht nur die zuständigen staatlichen Behörden in den Heimatländern, sondern aus anderen EU-Ländern überwachen. So könnten zum Beispiel Experten deutscher und französischer Gesundheitsbehörden nach Rumänien fahren und schauen, ob dort ordentlich gearbeitet wird. Auch das wird den Patientenschutz verbessern, meint Liese.
Schließlich gebe es einen freien Markt, Medizinprodukte aus einem Teil der EU sind überall verfügbar: "Wenn die Grenzen offen sind, müssen wir auch sicherstellen, dass der Gesundheitsschutz gewährleistet ist. Das tut leider die bestehende Gesetzgebung nicht, deshalb brauchen wir dringend diese Verschärfung."
Kennzeichnungen und Datenbanken
Die einzelnen Medizinprodukte sollen in Zukunft auch besser zurückverfolgt werden können und zwar durch eine einmalige Kennung, erklärt Wölken: "Jedes Produkt wird dann auch in einer europaweiten Datenbank erfasst, so dass man ein Gerät zuordnen kann, sobald damit Probleme auftauchen."
Nach dem Ja des Europaparlaments, sollen die beiden Verordnungen in Kürze in jedem EU-Land gelten. Für bestimmte Bereiche gibt es Übergangsfristen von drei bis fünf Jahren. Die unangemeldeten Kontrollen der Hersteller und die Überwachung der Kontrolleure werden allerdings schon sehr bald in ganz Europa gelten.