Hintergrund

Bundeswehreinsatz in Afghanistan Chronologie des Bombardements nahe Kundus

Stand: 07.09.2009 14:56 Uhr

Am 4. September 2009 haben NATO-Flugzeuge zwei von den Taliban entführte Tanklaster bei Kundus angegriffen. Wie viele Menschen bei dem von einem deutschen Oberst angeforderten Angriff starben, ist unklar. Die Angaben schwanken zwischen 17 und 142 Opfern, darunter wohl auch Zivilisten. tagesschau.de fasst die Ereignisse zusammen.

In der Nacht vom 3. auf den 4. September 2009 bombardierte ein US-Militärjet in Nordafghanistan nahe Kundus zwei von Taliban geraubte Tanklastzüge. Der Angriff war von dem deutschen Kommandeur des Bundeswehrlagers in Kundus angefordert worden. Bei dem Einsatz starben mehrere dutzend Menschen - die Angaben schwanken zwischen 17 und 142 Toten. Vermutlich kamen auch Zivilisten ums Leben. Nachfolgend eine Chronologie der Ereignisse, die auf Angaben der Bundesregierung basieren. Die Uhrzeiten sind Ortszeit Afghanistan.

Toter Esel und leere Kanister in den Trümmern

Spurensuche: Kanister und ein toter Esel könnten Hinweise sein auf den Versuch sein, Benzin umzufüllen.

3. September 2009, kurz nach 21 Uhr: Die Bundeswehr in Kundus erfährt von afghanischen Behörden, dass zwei Tanklastzüge an einer vorgetäuschten Straßenkontrolle entführt worden seien. Ein Lkw-Fahrer wird sofort erschossen.

Kurz nach 23 Uhr: Die beiden Lastwagen werden von einem US-Bomber auf einer Sandbank des Flusses Kundus - unweit des Bundeswehrlagers - entdeckt, mindestens einer der Lkw hatte sich offenbar festgefahren. Die Besatzung des Bombers berichtet, in der Umgebung der Tanker seien etliche Menschen, die mit Sturmgewehren und Panzerfüsten bewaffnet seien. Gegen 23.30 Uhr bricht der Bomber die Beobachtung ab.

Kurz vor 24 Uhr: Zwei US-Jets vom Typ F-15 treffen am Ort des Geschehens ein und übernehmen die Beobachtung. Sie übermitteln auch Live-Videos an die Bundeswehr in Kundus. Ein afghanischer Informant meldet mehrfach, dass sich ausschließlich Taliban-Kämpfer bei den Lastern aufhalten. Eine weitere Aufklärung aus der Luft oder vom Boden findet nicht statt.

4. September, 01.39 Uhr: Der Bundeswehrkommandeur in Kundus bittet die Amerikaner, die Laster zu zerstören. Laut Bundesregierung ist zu diesem Zeitpunkt eine Gefährdung unbeteiligter Zivilisten nicht erkennbar.

01.49 Uhr: Einer der Jets wirft eine 500-Pfund-Bombe (227 kg) ab. Beide Tanklaster werden dabei zerstört. Laut den US-Piloten wurden 56 Leichen gesichtet - 14 Menschen seien auf der Flucht.

Im Laufe des 4. September werden zwölf Menschen - unter ihnen ein zehnjähriger Junge - mit Verbrennungen in das Krankenhaus der Stadt Kundus gebracht. Ein Bundeswehrkommando, das den Ort der Bombardierung am Mittag in Augenschein nehmen will, wird dort beschossen, setzt die Untersuchung aber fort. Am späten Nachmittag macht sich der Kommandeur der ISAF-Truppe, US-General Stanley McChrystal, ein Bild am Einsatzort. Im Anschluss will er zivile Opfer nicht ausschließen.

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung hält es in den darauffolgenden Tagen für nicht wahrscheinlich, dass Unbeteiligte bei dem Bombardement getötet oder verletzt worden seien.