EU-Agrarrat zu Legebatterien "Die Befreiung der Hühner fällt aus"

Stand: 20.10.2011 13:12 Uhr

Vor zwölf Jahren wurde es beschlossen - und Ende dieses Jahres soll nun Schluss sein mit der Haltung von Hühnern in kleinen Käfigen und Legebatterien. Eigentlich - denn vor dem heute beginnenden Treffen des EU-Agrarrats in Luxemburg zeigt sich: Das Verbot droht aufzuweichen.

Von Werner Eckert, SWR

"Freiheit für die Hühner - nieder mit den Legebatterien!" Der Kampf von Tierschützern und Verbrauchern gilt als gewonnen, in Deutschland und in der EU. In ein paar Wochen, Ende dieses Jahres, soll Schluss sein mit den ganz engen Käfigen. Überall in Europa. Das ist vor zwölf Jahren beschlossen worden, kein Schnellschuss also. Aber: Diesen Donnerstag und Freitag steht im Agrarministerrat zur Debatte, wie Wunsch und Wirklichkeit zusammengebracht werden sollen.

Wird Brüssel vorgeführt?

Sauer ist der EU-Verbraucherkommissar schon. John Dalli weiß, dass Brüssel da gerade vorgeführt wird: "Das Käfigverbot bleibt bestehen", schwört er vor dem Agrarausschuss des Europäischen Parlaments: "Wir werden das Verbot nicht verschieben, und wir werden Verstöße dagegen ahnden.“

Klingt gut. Aber die Wahrheit ist: Fast die Hälfte der Hühner sitzt nach wie vor in den gleichen Käfigen wie bisher. Das zeigen Zahlen aus dem Vorjahr. Seitdem verweigern einige Staaten, darunter Spanien und Griechenland, jede weitere Information an Brüssel. Andere, wie Frankreich, Polen und Italien, haben schlicht mitgeteilt: Die Befreiung der Hühner fällt aus.

Ein EU-Kommissar in der Zwickmühle

Die Rechtslage ist simpel: Jedes Ei, das ab Januar aus Käfighaltung kommt, ist illegal und muss vernichtet werden. So sehen das seine Juristen, sagt Dalli. Aber er - nicht. "Was soll man machen?", jammert der Kommissar. "Die Länder stecken in tiefer wirtschaftlicher Krise, die Verbraucher wollen billige Eier. Politik ist eben die Suche nach Kompromissen."

"Ich will die Agrarminister der Gemeinschaft nun überzeugen, dass wir diese Eier freigeben", sagt Dalli. "In den jeweiligen Ländern - und ausschließlich für die Verarbeitung." In Kuchen, Pizzateig, Mayonnaise und Speiseeis fällt Käfigei auch nicht auf, weil es ohnehin nicht deklariert werden muss. Die "3" fürs Käfigei - die prangt ja nur auf der Frühstücksware.

Hühnerhalter und Tierschützer sind wütend

Widerstand kommt nicht nur von Tierschützern. Gerade die deutschen Hühnerhalter sind wütend. "Für mich ist das das offene Eingeständnis: 'Wir haben es nicht geregelt gekriegt'", sagt ihr Präsident Bernd Diekmann. Die deutschen Hühnerhalter hätten auf nationalen Druck hin sogar früher als alle anderen die Batterien abgebaut - widerwillig. Aber wenn jetzt die EU-Konkurrenz nicht mal mitmachen müsse, sei das Wettbewerbsverzerrung, so Diekmann.

Natürlich sind auch die Tierschützer empört. Die Bundeslandwirtschaftsministerin muss jetzt das Verbot auf EU-Ebene auch praktisch durchsetzen, sagt der Präsident des deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder: "Frau Aigner ist jetzt gefordert, dem Kommissar Dalli ganz deutlich zu machen, dass es keine Tricksereien geben darf. Wenn ein EU-Kommissar eine gültige Richtlinie gemeinsam mit der Industrie unterlaufen möchte, dann ist er kein EU-Kommissar, sondern ein Handlanger der Eierindustrie."

Ein unlösbares Problem?

Was nun? Die Eier vernichten? Im Januar vielleicht ein Drittel der gesamten Produktion? Das ist nicht durchsetzbar, weiß Dalli. Und da nimmt er wohl lieber eine schlechte Presse in Kauf als einen Streit mit den Agrarministern. Das Problem sei vielschichtig, windet er sich: die Krise und die Preise und die untätigen Mitgliedsstaaten. Wie sollte er das - auch nach 12 Jahren - nur aus der Sicht eines Käfighuhns sehen?