
Burkaverbot in Dänemark 1000 Kronen Strafe fürs Verhüllen
Stand: 01.08.2018 11:55 Uhr
In Dänemark gilt ab heute das umstrittene "Burkaverbot". Damit es nicht als "religiöse Diskriminierung" angefochten wird, sind auch künstliche Bärte, Masken und große Hüte tabu.
Von Carsten Schmiester, ARD-Studio Stockholm
Sarah ist eine junge Dänin mit türkischen Wurzeln. Seit etwa zehn Jahren trägt sie den Nikab, freiwillig aus religiöser Überzeugung. Sie ist Mitglied der Organisation "Frauen im Dialog", die gegen das Nikab- und Burkaverbot in der Öffentlichkeit ist: "Ich kann entweder sein, wer ich bin, und tun, woran ich glaube, oder auf die Knie gehen vor etwas, das ich für falsch halte", sagt sie. Für sie ist ziviler Ungehorsam immer dann Pflicht, wenn etwas Ungerechtfertigtes Gesetz wird. "Mandela saß 25 Jahre für seinen Kampf gegen Apartheid im Gefängnis. Als er rauskam, wurde er Präsident."
Dänemark verbietet das Verhüllen des Gesichts in der Öffentlichkeit
tagesschau 12:00 Uhr, 01.08.2018, Christian Stichler, ARD Stockholm
"Ein Rudel Muslime hat kein Recht, die Bedingungen zu diktieren"
Nicht, dass Sarah irgendwann einmal dänische Präsidentin werden will, das Amt gibt es gar nicht. Aber Widerstand will sie leisten. Und das wird sie kosten - zwar nicht ihre Freiheit, aber Geld. Laut Anti-Verschleierungsgesetz sind es beim ersten Verstoß 1000 Kronen Strafe, umgerechnet etwa 134 Euro. Im Wiederholungsfall steigt die Strafe dann stufenweise auf das Zehnfache.
Dieses Gesetz war Ende Mai auch von oppositionellen Sozialdemokraten und Linken beschlossen worden. Es geht auf eine Initiative der einwanderungskritischen Dänischen Volkspartei von 2009 zurück. Martin Henriksen sitzt für sie im Parlament: "In unserer Gesellschaft sehen wir einander ins Gesicht und das gilt für alle. Ein Rudel Muslime hat kein Recht, die Bedingungen zu diktieren."
Allerdings muss ab heute niemand noch auf der Straße den Schleier abnehmen. Betroffene würden aufgefordert, in ihre Wohnungen oder Häuser zu gehen, sagte Justizminister Sören Pape Poulsen von der Konservativen Volkspartei: "Die Polizei wird Orientierungshilfen bekommen. Das Gesetz beinhaltet ja eine generelle Richtlinie: Niemand darf sich vermummen, das ist ganz einfach. Ich glaube deshalb, dass es keine Zweifel darüber geben wird, wann das Gesetz gilt und wann nicht."
Auch verboten: künstliche Bärte, große Hüte und Schals
Ganz so einfach dürfte es aber wohl nicht werden. Weil man fürchtete, dass ein nur auf religiöse Verschleierung beschränktes Verbot vom obersten Gericht als diskriminierend gekippt werden könnte, schließt das neue Gesetz auch künstliche Bärte ein, das Tragen von Masken, Helmen oder großen Hüten, grundsätzlich sogar von Schals, die in kalten Wintermonaten allerdings über der Nase getragen werden dürfen. Wenn die Polizei das durchgehen lässt.
Ab sofort liegt es im Ermessen jedes einzelnen Polizisten zu entscheiden, ob ein Gesicht unzulässig verhüllt ist oder nicht. Aber selbst wenn dieses Gesetz nicht durchgängig streng angewandt wird: Für Nikab-Trägerin Sarah löst es nicht das darunterliegende gesellschaftliche Problem Dänemarks, das einige Entfremdung nennen, andere Überfremdung.
Ganz im Gegenteil: "Ich glaube, nicht nur Frauen mit Nikab oder Burka, sondern alle Muslime fühlen sich angegriffen und sind frustriert. Das Verbot ist ein Zeichen für den wachsenden Widerstand gegen den Islam in diesem Land. Daraus werden neue Konflikte entstehen."
1000 Kronen Strafe fürs Verhüllen
Carsten Schmiester, ARD Stockholm
01.08.2018 11:50 Uhr
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