Kommentar

Nach Abschuss des russischen Kriegsjets Niemand will den direkten Konflikt

Stand: 25.11.2015 17:17 Uhr

So heftig sich Russland und die Türkei auch gerade beharken - am Ende sind weder sie noch die NATO-Staaten an einer weiteren Eskalation auch nur im Geringsten interessiert. Der Preis wäre einfach zu hoch.

Ein Kommentar von Kai Küstner, ARD Brüssel

Der Krieg der Worte ist längst da: Es ist ein heftiger Schlagabtausch, den sich Russland und die Türkei da gerade verbal liefern. Die NATO, die USA, die Europäer - sie alle sind zu Recht besorgt und auch ernsthaft darum bemüht, dass aus diesem Krieg der Worte kein echter wird. Denn wenn das passiert, dann hängen sie alle mit drin. Das muss um jeden Preis verhindert werden.

Doch gerade in dieser Lage ist es ratsam, einen ehrlichen und nüchternen Blick auf die Dinge zu werfen: Die NATO hat der Türkei versichert, sie stehe für den Fall der Fälle an ihrer Seite. Doch die Solidaritätsbekundung, die sie nach ihrer Krisensitzung abgab, erfüllte gerade einmal die Minimalanforderungen. Der NATO wäre es am liebsten, dies würde ein rein russisch-türkischer Konflikt bleiben - und auch der soll bitte so schnell es geht wieder verschwinden.

Kai Küstner, Kai Küstner, ARD Brüssel, 25.11.2015 17:23 Uhr

Der Preis wäre zu hoch

Dass im Gegensatz zur - in diesem Fall eher samtpfötigen - NATO Russlands Präsident Wladimir Putin und seine Minister nach dem Abschuss ihres Jets richtig laut werden, war erwartbar. Doch auch Moskau hat überhaupt kein Interesse daran, die Dinge außer Kontrolle geraten zu lassen. Russland hat - nicht nur in Syrien - auch so Probleme genug. Der Preis für einen direkten Konflikt Russland/NATO wäre einfach zu hoch.

Völlig falsch wäre es jedoch auch, nun ins andere Extrem zu verfallen und den Vorschlag des russischen Botschafters in Paris allzu ernst zu nehmen: Der überraschte die verdutzte Weltöffentlichkeit mit der Idee, man könne ja zusammen mit Frankreich, den USA und - warum nicht auch - der Türkei eine Kommandozentrale schaffen, die gemeinsam den "Islamischen Staat" bekämpft.

Jeder folgt seinen eigenen Interessen

Vorsicht ist geboten: Bislang verfolgte jeder in Syrien eher seine eigenen nationalen Interessen. Für Russland zum Beispiel besteht das darin, den Verbündeten Machthaber Bashar al-Assad zu schützen. Für die Türkei darin, die Kurden zu bekämpfen.

Dass sich daran wegen der Terrorserie von Paris etwas grundlegend ändert, ist im Moment jedenfalls nicht zu erkennen. Mal abgesehen davon, dass der Kampf gegen die mordenden Terrormilizen rein militärisch sowieso nicht gewonnen werden kann.

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 25. November 2015 um 17:00 Uhr.