
Fall Khashoggi Berichte über Folter und Enthauptung
Türkische Medien berichten über immer mehr mögliche Details zum Verschwinden des Journalisten Khashoggi. So soll er erst gefoltert und dann enthauptet worden sein. US-Außenminister Pompeo machte sich in Ankara ein Bild.
Im Fall des in Istanbul verschwundenen Journalisten Jamal Khashoggi werden immer mehr mögliche Details bekannt. Die türkische Zeitung "Yeni Safak" berichtete unter Berufung auf eine angebliche Audioaufnahme von dem Geschehen, saudiarabische Agenten hätten dem regierungskritischen Journalisten während eines Verhörs die Finger abgeschnitten und ihn später enthauptet.
Auf der Aufnahme soll zu hören sein, wie der saudiarabische Konsul Mohammed al-Otabi sagt: "Macht das draußen, ihr werdet mir Probleme bereiten." Daraufhin habe ihm ein Mann erwidert: "Wenn du leben willst, wenn du nach Saudi-Arabien zurückkehrst, sei still." Al-Otaibi verließ am Dienstag Istanbul in Richtung Riad. Das regierungsnahe Blatt "Yeni Safak" erklärte nicht, woher die Audioaufnahme stammte oder wie es daran gekommen ist.
Die türkischen Behörden gehen nach Medienberichten davon aus, dass Khashoggi im Konsulat von einem aus Saudi-Arabien angereisten 15-köpfigen Spezialkommando getötet wurde.
Siebenminütiger Todeskampf
Die Internet-Seite "Middle East Eye" berichtete, dass der Todeskampf von Khashoggi sieben Minuten gedauert haben soll. Der Autor des entsprechenden Berichtes bezog sich auf eine türkische Quelle, die die Audioaufnahme gehört haben soll. Kashoggi soll zunächst geschrieen haben, bis ihm eine Substanz injiziert worden sei.
Türkische Sicherheitsdienste haben wiederholt regierungsfreundliche Medien des Landes benutzt, um Details zu dem Fall an die Öffentlichkeit zu geben und den Druck auf Saudi-Arabien zu erhöhen. Saudi-Arabien weist die Vorwürfe zurück.
Neben dem Konsulat steht auch der Wohnsitz des saudischen Konsuls im Fokus der Ermittlungen. Ein Team von elf Ermittlern ist inzwischen an der Residenz des Konsuls angekommen, um die Anlage nach Spuren abzusuchen. Das berichtete der Fernsehsender CNN Turk. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte, die Türkei hoffe, dass die Ermittler das Gelände heute noch betreten dürfen.
Pompeo in Ankara
Mehrere Minister in der Türkei baten um Geduld bei der Aufklärung. "Jeder soll auf das Ergebnis der Ermittlung warten", sagte Innenminister Süleyman Soylu der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Staatsanwalt oder Polizei würden die Ergebnisse dann der ganzen Welt präsentieren. Er selbst habe "Gewissheit" über das Schicksal Khashoggis, sagte Soylu, müsse aber die Ergebnisse der Ermittlung abwarten.
Cavusoglu sagte nach einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Mike Pompeo, er werde Medienberichte zum Verschwinden Khashoggis nicht kommentieren. Die Ermittlungen gingen weiter. Das Gespräch mit Pompeo sei positiv verlaufen. Man habe nicht nur über den Fall Khashoggi gesprochen, sondern auch über die Entwicklungen in der Region.
Trump unterstützt saudisches Königshaus
Zuvor hatte Präsident Donald Trump eine internationale Vorverurteilung Saudi-Arabiens beklagt. Trump verglich den Fall in einem Interview der Nachrichtenagentur AP mit den Vorwürfen sexueller Nötigung gegen den inzwischen an den Obersten Gerichtshof der USA berufenen Richter Brett Kavanaugh. "Da haben wir es schon wieder - man weiß, man ist schuldig, bis die Unschuld bewiesen ist. Ich mag das nicht", sagte Trump. Im Fall Khashoggi sollte man "zuerst herausfinden, was passiert ist".
In Trumps Nahostpolitik spielt Saudi-Arabien eine zentrale Rolle. König Salman und Kronprinz Mohammed hätten jegliche Kenntnis über das Schicksal Khashoggi bestritten, betonte Trump.

Trump warnt im Fall Khashoggi vor Vorverurteilungen
Druck auf Riad
Die Weltgemeinschaft erhöhte indes den Druck auf Riad. Die Außenminister der G7-Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen mahnten eine gründliche, glaubwürdige und rasche Untersuchung durch das Königreich an. Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, verschob eine geplante Nahost-Reise, bei der sie an einer Investorenkonferenz in Saudi-Arabien teilnehmen wollte. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas sagte ab: "Was meine Reisepläne angeht: Wir hatten das tatsächlich vorgesehen im Rahmen des Dialoges mit Saudi-Arabien. Das werden wir jetzt noch einmal abwarten." Saudi-Arabien habe eine Erklärung angekündigt. "Das werden wir zum Anlass nehmen, auch noch mal zu entscheiden, ob eine Reise nach Saudi-Arabien zum jetzigen Zeitpunkt uns sinnvoll erscheint oder eben vielmehr nicht."
Im Zuge dessen geriet das Verhalten von Siemens-Chef Joe Kaeser in die Disskussion. Er hält sich die Teilnahme an der Konferenz weiter offen. "Ich habe mich noch nicht entschieden, aber ich muss es bald tun", sagte er auf einer Konferenz des US-Wirtschaftsmagazins "Fortune" in Toronto. Kaeser machte die Aussagen bereits gestern (Ortszeit). Nach Angaben eines Siemens-Sprechers heute Vormittag stellen sie aber weiterhin den aktuellen Stand dar.